Was bewegt, was fordert uns heraus?

Grenzen dicht?

Jemand, der nichts mehr von «Grenzen überqueren» hören will, ist Lorenzo Quadri. Der Lega-Nationalrat rief als einer der Ersten via Twitter dazu auf, die Grenzen dichtzumachen. Aber das ist leichter gesagt als getan: Einerseits arbeiten 3800 Pendler im Gesundheitssektor des Kantons. Andererseits kommen die Viren, die diese Menschen bekämpfen, unter anderem mit ihnen über die Grenze. Was also tun? Genau das frage ich Quadri in seinem Büro in Lugano.

Lorenzo Quadri ist schmächtig und trägt Jeanshemd mit Turnschuhen. Seine langen blonden Haare hat er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, seine schmale Statur erinnert an den Elben Legolas aus dem Film «Herr der Ringe». Ein kleiner blauer Glitzer klebt in seinem Gesicht.

Herr Quadri, wieso ist die Grenze noch offen?

Weil die Schweiz versäumt hat, diese Massnahme zum Schutz der Bevölkerung zu ergreifen. Der Bundesrat ist offensichtlich der Meinung, Schengen sei wichtiger als die Tessiner Bevölkerung. Insbesondere während der ersten, chaotischen Phase in der Lombardei wäre die Schliessung der Grenzen nötig und sinnvoll gewesen.

Aber das Gesundheitssystem würde ohne diese Grenzgänger doch nicht funktionieren.

Das stimmt nicht. Schon jetzt fallen Leute wegen Krankheit oder Ferien aus. Hinzu kommt, dass viele Leuten im Gesundheitssystem nicht Vollzeit arbeiten. Die Tessiner hätten vielleicht mehr arbeiten müssen. Wir hätten den Arbeitsplan für eine Zeit anpassen müssen, ja, aber das wäre für geraume Zeit möglich gewesen. Man kann ja auch nicht ausschliessen, dass die Lombardei noch andere Massnahmen ergreift und viele Grenzgänger dann nicht zur Arbeit kommen können.

Und nun ist das Virus da. Wer ist schuld daran?

Man kann nicht sagen, dass jemand Schuld daran hat. Man hätte einfach früher Massnahmen ergreifen sollen. Italien hat ganze Dörfer unter Quarantäne gestellt, und wir machen gar nichts. Ich meine, ich habe gelesen, dass es bereits zwei neue Fälle in Graubünden gibt. Ich weiss nicht, ob diese auch in Verbindung mit Italien stehen.

In beiden Fällen kamen die betroffenen Menschen aus Mailand zurück.

Nun ja, eben. Ich bin kein Facharzt oder Epidemiologe, aber eine Grenzschliessung hätte die Verbreitung eindämmen können und den Behörden mehr Zeit verschafft. Das wäre natürlich nach wie vor eine Möglichkeit. Es ist zwar spät, aber nicht zu spät.

In der Tat ist es schon halb eins an diesem Donnerstag. Quadri hat eine Verabredung zum Mittagessen. Wir verabschieden uns trotz Virusgefahr mit Händeschütteln. Ob er jetzt Angst vor dem Virus hat, will ich noch wissen. Quadri lacht. «Nein, ich bin ja noch jung», sagt der 46-Jährige.

Palim, palim: «Erster Corona-Fall in Genf bestätigt.»

«Es geht nicht um links oder rechts»

Jemand, der ebenfalls die Grenzen schliessen wollte, von dem man es aber nicht erwarten würde, ist der Leiter der Tessiner Ärztekammer Franco Denti.

Denti hat in diesen Tagen nicht viel zu lachen. Nicht als Mediziner und schon gar nicht als FC-Lugano-Ultra: Wegen des Virus konnte er am Sonntag nicht ins Stadion, um sich das Spiel Sion gegen Lugano anzusehen. Vielleicht besser so, hat Lugano doch unentschieden gespielt. Das sei sehr schlimm für ihn gewesen, wird er später zugeben

Denti kommt zwanzig Minuten nach der vereinbarten Zeit, ganz in Schwarz, in Slippers und ohne Socken.

Dottore Denti, wie einige rechte Politiker forderten auch Sie die Schliessung der Grenzen. Welche Partei wählen Sie?

Bei dieser Massnahme geht es nicht um links oder rechts. Es geht um die Gesundheit der Bevölkerung.

Aber es ist illusorisch, dass sich das Virus mit einer Grenzschliessung hätte aufhalten lassen.

Natürlich. Früher oder später wäre das Coronavirus auch in der Schweiz angekommen. Aber mit dieser Massnahme hätten wir die schnelle Verbreitung ein wenig eindämmen können. Sie müssen sich das Virus als Murmelspiel vorstellen: Eine Murmel wird geworfen und berührt zwei weitere. Diese wiederum berühren wieder zwei weitere und so weiter. Die einzige Möglichkeit, die Verbreitung zu unterbinden, ist, die Murmel dort zu lassen, wo sie ist.

Gut, die Murmel ist nun aber in der Schweiz. Was machen wir jetzt? Spielabbruch?

Was wir gerade in der Schweiz beobachten können, ist der normale Verlauf einer Epidemie: Am Anfang steigt die Anzahl der infizierten Personen rasant an. Irgendwann ist der Peak erreicht, und die Kurve flacht ab, die Zahl der Infizierten geht zurück. Das ist das, was wir gerade in China beobachten können. Von daher sind die Schliessung der Grenzen und das Verbot von grösseren Veranstaltungen – also die Eindämmung der Verbreitung – nach wie vor die einzig wirksamen Massnahmen.

Gibt es denn gar nichts anderes, was man tun könnte? Das BAG hat heute Plakate aufgehängt.

Aus medizinischer Sicht nicht. Die Informationskampagne des Bundes ist zwar richtig und wichtig, aber sie kommt ein bisschen zu spät. Und das ist der Kern des Problems: Die Leute wissen zwar, was sie tun oder nicht tun sollen, aber sie wissen nicht, was dieses Coronavirus eigentlich ist.

Und was ist dieses Coronavirus?

Es ist eine Infektionskrankheit, die sich mit einer rasanten Geschwindigkeit verbreitet. Viel aggressiver als irgendeine Grippe. Aber im Gegensatz zur Grippe trifft sie nicht alle gleich stark. Die Zielgruppe, die davon am stärksten betroffen ist, sind Männer über 60, die gesundheitlich vorbelastet sind. So wie ich.

Also haben Sie Angst vor dem Coronavirus?

Nein. Aber meine Frau macht sich Sorgen um mich.

Franco Denti, der keine Angst hat, hat vor kurzem einen Essensvorrat für 14 Tage eingelagert.

 Schon wieder das iPhone: «Genfer Uhrensalon wird abgesagt.» 

Ein bisschen Fasnacht

Die Fasnacht im 1500-Seelen-Dorf Tesserete ist die zweitgrösste Fasnacht im Kanton Tessin. An diesem Donnerstag würde sie ihr 120-Jahr-Jubiläum feiern. Doch statt Guggen und Schlager herrscht gähnende Leere in den Strassen von Tesserete. Verlassene Festzelte schmücken das Dorf.

Irgendwo, in der Nähe des Bahnhofs, räumt der 43-jährige Fabio mit ein paar Kollegen des Skiclubs San Bernardo sein Festzelt aus. Fünf Tage lang hatten sie alles aufgebaut. Tags zuvor kam die Weisung der Regierung: Alle grösseren Veranstaltungen sind bis auf weiteres abgesagt. Also auch die Fasnacht.

Fabio versteht, dass die Regierung so handeln musste. «Aber wir müssen nun schauen, wie unser Verein dieses Jahr überleben soll», sagt er und lächelt verlegen. Mit den Einnahmen der Fasnacht finanziert sich ihr Skiclub das ganze Jahr über. Vergünstigte Ski-Tickets für Kinder, wie sie der Verein normalerweise anbietet, werden dieses Jahr wahrscheinlich nicht drinliegen. «Ausser, wir bekommen finanzielle Unterstützung vom Kanton.»

Finanzielle Unterstützung hin oder her, 8000 Franken, die sie bereits für Essen, Getränke, die Sicherheit und das Zelt ausgegeben haben, sind verloren. Zählt man die geplanten Einnahmen hinzu, ergibt sich ein Verlust von etwa 60 000 Franken.

«No Corona – solo party»

Nicht alle nehmen das so schwer. Oder tun zumindest so. Ein paar hundert Meter die Strasse hinauf dröhnt aus einer unscheinbar wirkenden Tür feinster Schlager. Hinter der Tür versteckt sich eine Bar, und in dieser Bar treffe ich auf den Vize-Bürgermeister Alessandro Fontana.

Seine Perücke ist verrutscht, aber seine Worte sind klar: «Je nach Verein muss man mit Einbussen von 20 000 bis 30 000 Franken rechnen.» Dazu kämen noch Umsatzeinbussen von rund 800 000 Franken, die das Dorf verkraften muss. «Politisch verstehe ich das ja», wiederholt sich Fontana. «Aber denen fällt es natürlich leicht, die Veranstaltung einfach abzusagen. Dass unsere Region von dieser Fasnacht lebt, interessiert sie nicht.»

Ein Schotte mit lila Haaren torkelt in meine Richtung und erklärt mir: «Wir haben freigenommen, um zu arbeiten. Jetzt dürfen wir nicht arbeiten, also müssen wir feiern.» Einige tragen Strahlenschutzanzüge und Masken. Heisst das, dass wenigstens hier die Leute Angst haben vor dem Coronavirus? Der Schotte winkt ab. «Alkohol tötet alle Viren», belehrt er mich. «No Corona – solo party.»

Mehr zum Thema: 

Angesichts der wachsenden Zahl von Coronavirus-Fällen haben grosse Spitäler eigene Abklärungsstationen aufgebaut. In vielen Krankenhäusern stehen Isolationszimmer zur Verfügung. Der Kanton Bern hat zusätzliche Quarantäneplätze in einem ehemaligen Jugendheim eingerichtet.

Christof Forster, Bern 28.02.2020

Um die Verbreitung des Coronavirus wirksam zu bekämpfen, braucht es kohärente Massnahmen. Es ist deshalb richtig, dass der Bund die besondere Lage ausruft und damit Kompetenzen von den Kantonen übernehmen kann.

Georg Häsler Sansano, Bern 28.02.2020

2019

25. Oktober 2019

Eine Frage, dich ich mir immer wieder stelle (und ich denke, dass ich da überhaupt nicht der einzige bin!) ist: Was war eigentlich vor dem "Urknall"? Diese Frage stellt sich mir natürlich auch auf religiöser Ebene: gab es für (die Auslösung des/) den Urknall eine entsprechende Energie (oder was auch immer), die man auf "göttlicher" Ebene sehen könnte? 

Ich habe soeben einen Artikel von Stefanie Kemmer über diese Thematik, resp. über die diesbezüglichen Gedanken des berühmten (bereits verstorbenen) Astrophysikers Stephen Hawking gelesen: 

Stephen Hawking hatte eine absolut erstaunliche Theorie darüber, was vor dem Urknall war

Stefanie Kemmner 25.10.2019

vor 3 Std. 

© Bereitgestellt von Business Insider Inc Die meisten Wissenschaftler sind sich einig:

Das Universum und alles, was sich darin befindet, entstand mit dem Urknall vor etwa 13,8 Milliarden Jahren. Für viele Menschen ist eine Frage jedoch viel interessanter: Was existierte vor dem Urknall? Diese Frage stellte der US-amerikanische Physiker Neil deGrasse Tyson Anfang März dem Physiker Stephen Hawking in seiner Talkshow „StarTalk“. Es war eines der letzten Interviews, die Hawking vor seinem Tod am 14. März 2018 gab. 

Hawkings Antwort lautete: Nichts. Seiner Ansicht nach gab es vor dem Urknall so etwas wie Zeit gar nicht. 

Vor dem großen Urknall existierte nichts“,

erklärt Hawking im Gespräch mit Tyson.

Was vor dem Beginn des Universums existierte, hat keine Bedeutung

Für Hawking gab es keinen genauen Punkt, an dem das Universum und die Zeit begannen. „Die Grenzbedingung des Universums ist, dass es keine Grenze hat“, erklärte Hawking. „Die Euklidische Raum-Zeit ist eine geschlossene Oberfläche ohne Ende, wie die Oberfläche der Erde. Man kann imaginäre und reale Zeit so sehen, dass sie ihren Beginn am Südpol hat. Das ist ein ebener Punkt der Raum-Zeit, an dem die normalen Gesetze der Physik bestehen. Es gibt nichts südlich vom Südpol, also existierte nichts vor dem Urknall.“

Falls euch das zu kompliziert war: Rachel Feltman erklärt Hawkings Antwort für „Popular Science“ noch einmal mit anderen Worten. 

„Physiker wie Stephen Hawking haben versucht, eine Art Zeitlosigkeit wieder herzustellen, indem man den Startpunkt beseitigt, man stellt sich ein Universum ohne einen eindeutigen ,Knall‘ vor“, erklärt Feltman. „Man kann die Uhr bis an die Ränder dieser ersten Momente der Existenz zurückdrehen. Aber zu fragen, was davor kam, wäre, als würde man fragen, warum man weiter nach Norden laufen kann, wenn man am Nordpol angekommen ist. Die Zeit, wie wir sie definieren, verliert ihre Bedeutung, während das Universum zusammenschrumpft.“

Hawkings komplette Antwort auf die Frage könnt ihr euch hier anschauen:

Das könnte euch auch interessieren:

24. März 2019

Die Geschwistersituation – psychologische Tatsachen.

Jeder von uns wird während seiner Frühkindheit (der Periode der ersten 5-6 Jahren) fürs ganze Leben geprägt. Eine ganz besondere Prägung erfahren wir Menschen aber durch die Geschwistersituation, die wir innerhalb unserer Kernfamilie  erleben.

Der nachfolgende NZZ-Artikel geht  diesem Thema  auf interessante Art nach:

NZZ      Geschwister begleiten uns ein Leben lang – ob wir wollen oder nicht

Es ist die längste Beziehung, die wir uns denken können. Schwestern oder Brüder können wir nicht abwählen wie Freunde. Sie sind unser Familienarchiv und unser Schicksal.

 2018

Oktober 2018  

Man hört  immer wieder Unglaubliches aus Drittweltstaaten. Dass aber neuerdings auch bei uns in der Schweiz makabre Informationen über Kremationsreste von Goldkronen, Implantaten usw. vom Krematorium Nordheim in Zürich auftauchen, ist  fast nicht zu fassen. Offenbar  - so behauptet bluewin in den Tagesnachrichten vom 1. Oktober 2018 – werden diese Metalle an Reclylingfirmen weiterverkauft, ohne Wissen der Angehörigen. 

Krematorium schnappt sich Kronen, Implantate und Goldzähne 

- 06:43, sob – bluewin News 

12. Juli 2018 

Donald Trump, der US Präsident, hat erreicht, was er versprochen hatte: Jeden Tag wird in den Welt-Medien von ihm berichtet!

Die Frage ist nur, in welchem Sinn!

7. Januar 2018

Gibt es "Gott", gibt es ihn nicht? Die Frage nach Gott ist wohl eine ewige Frage der Menschheit. Und die Antwort darauf fällt sehr vielfältig aus, kann es nur so sein. Was der einzelne Mensch unter diesem Begriff versteht, verstehen kann, muss "individuell" ausfallen:

Der nachstehende Artikel, den ich auf der Homepage von SRF gefungen habe, geht dieser Thematik nach. Ich empfehle ihn, zu lesen!

Gibt es Gott? Gott kann man nicht beweisen – aber auch nicht widerlegen

Warum entstand die Welt? Der kosmologische Gottesbeweis ist uralt – behält aber auch in Zeiten der Quantenphysik seinen Charme.

Bildlegende: Es ist unmöglich, die Existenz Gottes zu beweisen. Es ist aber auch unmöglich, sie zu widerlegen. Getty Images

Wie schön wäre es, wenn man Gott beweisen könnte. Dann gäbe es Gewissheit darüber, dass Religion vielleicht nicht einfach nur Tradition und Kontingenzbewältigung ist. Dass es sich lohnt, weiter über Gott nachzudenken.

«Story of God» 

Was macht Glauben mit den Menschen? In der dreiteiligen Doku «Story of God» besucht der Schauspieler Morgan Freeman heilige Stätten weltweit und trifft Gläubige, Schamanen, Priester, Rabbis und Imame.

Gott ist nicht wie das Matterhorn

Doch man kann Gott nicht beweisen. Wenn gläubige Menschen von Gotteserfahrungen berichten, dann sind das individuelle Glaubenszeugnisse. Die können mitunter sehr beeindruckend wirken. Sie werden aber keinen Atheisten überzeugen. Denn eine subjektive Gotteserfahrung ist noch lange kein Beweis.

Der Schweizer Theologe Hans Küng hat einmal gesagt, man könne Gott nicht so beweisen wie das Matterhorn oder den Genfer See. Gottesbeweise sind nichts Handfestes, sondern intellektuelle Strategien, um Glauben und Vernunft in Einklang zu bringen.

Gott sprengt menschliche Kategorien

Den alten Griechen, aber auch den Vertretern einer rationalen Theologie im Mittelalter und in der Neuzeit war völlig klar, dass Gottesbeweise ein heikles Unternehmen sind. Denn sie wollten nach menschlichem Ermessen etwas beweisen, was eigentlich alle menschlichen Kategorien sprengt. Sonst wäre Gott ja nicht Gott.

Trotzdem sind viele Gelehrte der Frage nachgegangen: Können wir mit Hilfe der Vernunft Gott beweisen? Heraus kamen Überlegungen wie etwa der kosmologische Gottesbeweis. Und der hat selbst heute noch einen gewissen Charme.

Morgan Freeman über Glauben

Von nichts kommt nichts

Der kosmologische Gottesbeweis geht von der Annahme aus: Von nichts kommt nichts. So wie eine Reihe von Dominosteinen nicht einfach so umfällt, sondern jemand den ersten Klotz anschubsen muss – genauso muss es sich mit dem Universum verhalten haben.

Versucht man, die Entstehungsgeschichte des Universums zu rekonstruieren, dann gelangt man immer an einen Punkt, an dem die Wissenschaft nicht mehr weiterkommt.

Wo beginnt das Spiel der Welt?

Der Physiker Ben Moore spricht in einem Interview mit SRF etwa das Beispiel der Quantenfluktuation an. Nach dieser Hypothese stand am Anfang des Universums ein Vakuum, das «spontan in Materie und Antimaterie» zerfiel, und «aus diesem Zerfall ergab sich dann das Spiel der Welt».

Physik und Metaphysik

Nur auf den ersten Blick widerspricht diese Hypothese Gott. Denn, wie Moore ausführt: «Ein Quantenvakuum, das die Fähigkeit hat, in Materie und Antimaterie zu zerfallen, ist nicht nichts.» Will heissen: Die Idee eines Urknalls ist damit vielleicht entkräftet, nicht aber Gott.

Beiträge zu Wissen und Glauben

Auch Atheismus ist eine Glaubensfrage

Bewiesen im umgangssprachlichen Sinne ist Gott mit dem kosmologischen Gottesbeweis nicht. Auch kann er Zweifel nicht aufheben. Aber er kann zeigen, wie man mit ihnen umgehen kann – und dass naturwissenschaftliche Erkenntnisse ein Glaubenssystem nicht zwingend ins Wanken bringen.

Auch das gehört zur Auseinandersetzung mit Gottesbeweisen: So schwer bis unmöglich es auch ist, Gott zu beweisen – genauso schwer bis unmöglich ist es, seine Nicht-Existenz zu beweisen. Denn nicht an Gott zu glauben, ist genauso eine Glaubensfrage, wie an ihn zu glauben.

Sendungen zu diesem Artikel

31.12.2017, 10:50 Uhr

Philosophen und Theologen versuchen seit Jahrtausenden, Gewissheit über das göttliche Wesen zu erlangen. Doch kann man Gott fassen und seine Existenz beweisen?

Video noch 23 Tage verfügbar

31.12.2017, 10:00 Uhr

In einer dreiteiligen Dokumentation besucht der Schauspieler Morgan Freeman heilige Stätten weltweit und trifft Gläubige, Schamanen, Priester, Rabbis und Imame. Ihn treibt die Frage um, wie Religion und Glauben die Menschen prägen und wie sie ihre religiösen Vorstellungen im Alltag leben.

25.12.2017, 10:50 Uhr

In den Weltreligionen gibt es verschiedene Vorstellungen von einem Jenseits. Zum Teil gleichen sie sich, manchmal sind sie einzigartig. Warum ist es für die Menschen so wichtig, zu wissen, was nach dem Tod kommt?

Video noch 17 Tage verfügbar

25.12.2017, 10:00 Uhr

In einer dreiteiligen Dokumentation besucht der Schauspieler Morgan Freeman heilige Stätten weltweit und trifft Gläubige, Schamanen, Priester, Rabbis und Imame. Ihn treibt die Frage um, wie Religion und Glauben die Menschen prägen und wie sie ihre religiösen Vorstellungen im Alltag leben.

24.12.2017, 10:50 Uhr

In vielen Religionen gibt es Auserwählte, die ihren Glauben gegen alle Widerstände aufrechterhalten. Was aber macht sie so einzigartig, dass sie für andere zum Wegweiser und Sinngeber werden?

Video noch 16 Tage verfügbar

24.12.2017, 10:00 Uhr

In einer dreiteiligen Dokumentation besucht der Schauspieler Morgan Freeman heilige Stätten weltweit und trifft Gläubige, Schamanen, Priester, Rabbis und Imame. Ihn treibt die Frage um, wie Religion und Glauben die Menschen prägen und wie sie ihre religiösen Vorstellungen im Alltag leben.

2017

7. Dezember 2017: Was ist (politisch) links, was rechts? (NZZ 7.12.2016)

24. .September 2017: In Indonesien geht man mit den Toten spazieren...

23. Juli 2017: Video der Dampfloki auf das Brienzer Rothorn

5. Juli 2017: Petition an die Türkische Regierung um Freilassung aller politischen Gefangenen in der Türkei

14. Mai 2017: weltweite Cyber-Attacke - NZZ am Sonntag

3. April 2017: Auch Terrorattentate in der Schweiz?

14. März .2017: Die Türkei und die Bespitzelung an Schweizer Universitäten...

3. März 2017: Sterbefasten

2. März 2017: ein Bibelmuseum entsteht in Washington

16. Februar 2017: Schwedinnen pilgern nach Teheran und verschleiern sich....

26.1.2016: Kriminalität der Ausländer

19.11.2015: Muslime müssen sich ändern

13./14.11.2015: Terror in Paris

20.10.2015: Flüchtlingsdrama - Terrorwelle  

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7. Dezember 2017

Immer wieder kommt eine Diskussion auf, was politisch links, was politisch rechts zu verstehen sei! Der nachfolgende NZZ-Artikel geht dieser Frage nach!

Wie positionieren sich die Fraktionen im Nationalrat auf der Links-rechts-Skala? Und wie hat sich das politische Spektrum der Parteien verändert? Das zeigt unser Parlamentarierrating 2017.

24. September 2017

Indonesisches Volk führt Tote spazieren

Weltweit und seit jeher gehen die Menschen mit ihren Verstorbenen ganz eigene Wege. Eine besonders eigenartige Beziehung scheint ein indonesisches Volk mit seinen Verstorbenen zu pflegen:

Das indonesische Volk Toraja hält nichts von der ewigen Ruhe für die Toten. Alle paar Jahre nehmen sie die Verstorbenen aus den Särgen und veranstalten Schauerliches mit ihnen.

23. Juli 2017

Gerade bei den aktuellen hohen Sommertemperaturen mit blauem Himmel macht es Freude, nicht in die Ferne zu schweifen (mit dem Flugzeug), sondern die Naturschönheiten im eigenen Land zu entdecken! Wir vergessen immer wieder, dass wir Schweizer in unserem Land eine ganze Menge von wunderbaren Ausflugszielen zur Verfügung haben.

Wie wäre es zum Beispiel einmal, einen Ausflug ins Berner Oberland zu unternehmen, von Brienz aus mit der alten Dampfbahn auf das Brienzer Rothorn zu rattern? So einen Ausflug unternahmen wir vor einigen Jahren und  erfreuten uns wie kleine Kinder während dieser ungewöhnlichen Fahrt auf der Dampfbahn an den wunderschönen Landschaften. Und - was wir bis heute nicht vergessen haben - oben, am Ziel, erwartete uns (noch als Unterstreichung der herrlichen Aussicht über die Bergwelt) ein erstklassiges Restaurant!

Das folgende Video zeigt ein bisschen hinter die Kulisse der Brienzer-Rothornbahn! 

5. Juli 2017

Die Türkei ist nicht mehr die frühere Türkei, in der die Menschen sich einigermassen frei bewegen und äussern konnten. Unter dem Regime Erdogan hat sich einiges geändert, die Menschenrechte werden nicht mehr eingehalten. Angst vor Denunziation geht um.

Menschen weltweit versuchen sich für Gefangene in diesem Unrechtssystem einzusetzen. Siehe den folgenden Aufruf:

Petition an die Türkische Regierung um Freilassung aller politischen Gefangenen in der Türkei

Sehr geehrte Damen und Herren 

Communiqué

Kürzlich wollte das Komitee «Brückenschlag Zürich - Amed/Diyarbakir» seine Petition zur Freilassung aller politischen Gefangenen in der Türkei mit einer friedlichen Kundgebung, dem Generalkonsulat in Zürich übergeben. Dieses lehnte eine Entgegennahme allerdings ab. Deshalb wurde die Petition, die von 1’102 Frauen und Männern unterschrieben und von einem Notar in Bern beglaubigt wurden, an den türkischen Botschafter in Bern zuhanden der Türkischen Regierung gesandt.  In der Petition fordert das Komitee diese Regierung auch auf, dass die politischen Gefangenen endlich vom IKRK besucht werden können. 

Gülten Kisanak

Firat Anli

Um die Dringlichkeit der Freilassung der politischen Gefangenen in der Türkei zu unterstreichen wurden Kopien der Petition an den Gesamtbundesrat, das EDA, das IKRK und Nils Melzer, UN Spezial Rapporteur gegen Folter gesandt.

Komitee Brückenschlag Zürich - Amed/Diyarbakir

Mit bestem Dank und freundlichen Grüssen

Komitee Brückenschlag Zürich - Amed/Diyarbakir

i.V.Jochi Weil-Goldstein

Goldbrunnenstrasse 131

8055 Zürich

Tel. Privat: 044 462 20 03

Handy: 079 38 34 08

14. Mai 2017

Unsere Welt, in der wir leben, unterscheidet sich von derjenigen unser Eltern und Grosseltern und früherer Generationen komplett. Wir "leben" digital, global und das Internet und alles Virtuelle bestimmt unser tägliches Leben! Ist das gut oder ist das schlecht? - Ich denke: weder das eine noch das andere!

Aber eines ist es sicher: es ist auch gefährlich und bietet zahlreiche Angriffsflächen für böse Menschen, Hackern! Und diese Gefährlichkeit erleben wir im Moment ganz besonders eindrücklich: eine weltweite Cyper-Attacke scheint uns Menschen neuerdings auf ganz eindrückliche Weise zu zeigen, dass das heutige moderne Leben auf vielfältigste Arten gefährdet ist. Ist die aktuelle weltweite Cyper-Attacke nur der Beginn einer Art von Weltkrieg auf virtuelle Art? Ist diese aktuelle Cyper-Attacke vielleicht nur der Anfang von noch Schlimmerem?

Systeme werden nicht aktualisiert und bleiben so monate- bis jahrelang ungesichert - und auf einmal bricht alles zusammen!

3. April 2017

Weltweit, nicht zuletzt in Westeuropa, wüten islamistische Terroristen und setzen unschuldige Menschen in Angst und Schrecken durch ihre fanatischen und blutigen Attentate.

Wie sieht es diesbezüglich in der Schweiz aus? Sind hier vor allem jüdische Institutionen besonders gefährdet? Der Genfer Terrorexperte Jean-Paul Rouiller ist der Meinung, dass sich bezüglich der Schweiz nicht die Frage stellt, ob eine Terrorattacke auf unschuldige Menschen stattfinden würde, sondern   W A N N !

Das gibt in der Tat zu denken. Und noch mehr gibt zu denken, wie unerklärlich sich die offiziellen Stellen beim Bund, Kanton und Stadt sich bezüglich (finanzieller) Unterstützung der jüdischen Gemeinden bezüglich Sicherheitsprävention zeigen. Die Bundesrätin Somaruga meinte ja vor einigen Wochen, dass die Juden einen Fonds äufnen und ihre Sicherheitsbedürfnisse daraus speisen könnten. Muss ich davon ausgehen, dass Somaruga damit das alte antijüdische Vorurteil "des reichen Juden", der selber für sich schauen soll, aufleben lässt?

Lesen Sie das Interview in der NZZ mit Jean-Paul Rouiller über diese Thematik:

14. März 2017

Es ist eindeutig: Der schrille Donald Trump wird in den täglichen Schlagzeilen der Medien klar vom "schrillen, türkischen Erdogan" verdrängt! Trump scheint auf einmal vielen mit all seinen Lügen und Verdrehungen im Vergleich zum kriegerischen türkischen Herausforderer als "blutiger Anfänger" zu wirken.

Momentan kämpfen die militanten Erdogan-Anhänger mit allen möglichen (und auch unmöglichen) Mitteln für ein gutes Resultat der kommenden Abstimmung. Erdogan will mehr Macht, und er und seine Kumpanen kämpfen militant auch in den türkischen Diaspora-Communities für entsprechenden Stimmenfang. - Soeben wurde bekannt, dass auch (aber nicht nur!) an der Zürcher Universität mit Bespitzelung  vorgegangen wird.

Lesen Sie den entsprechenden Artikel im heutigen Tages-Anzeiger:

Spitzel an der Uni – so wehrt man sich

Die türkische Regierung lässt offenbar auch an der Universität Zürich spionieren. Anwalt Andreas Meili sagt, welche rechtliche Handhabe es gibt.

3. März 2017

Was ist zu tun, wenn wir schwer beeinträchtigt sind, zB durch Alzheimer-Erkrankung oder sonst einer schwerwiegenden ausweglosen Erkrankung darnieder liegen und sehen keinen Sinn mehr im Weiterleben? Exit-Freitod-Begleitung mag ein Ausweg sein, aber allerdings ist dies nur möglich, wenn der entsprechende Mensch noch voll bei Sinnen ist. Bei Alzheimer, oder anderen Demenz-Erkrankungen ist dies nicht mehr der Fall.

Ist das Sterbefasten, der Verzicht auf Trinken und Essen ein gangbarer Weg für einen lebensmüden Menschen?

Lesen Sie den Artikel von Simon Hehli in der heutigen NZZ:

2. März 2017

Es scheint, dass heutzutage die Bibel nicht mehr im Fokus des Lesens steht! Und trotzdem ist aus meiner Sicht, das "Buch der Bücher" nach wie vor eine faszinierende Sache, nicht nur in religiöser, sondern nicht weniger auf kultureller Ebene. Für mich ist die Bibel - ohne frömmlerisch zu werden - das interessanteste Buch, das ich kenne. Und ich entdecke als Jude im T'nach (der hebräischen Bibel) immer wieder ganz Neues, das mich fasziniert und auch herausfordert. Ich entdecke hier eine riesige Welt, die zB das menschliche Leben auf allen Ebenen in in den vielfältigsten Fazetten spiegelt.  

Soeben höre ich, dass in Washington ein "Bibelmuseum" im Entstehen begriffen ist. Die Verantwortlichen für dieses Grossprojekt scheinen auch keine finanziellen Hürden zu gering zu sehen. Es sind beachtliche Kosten von 500 Millionen Dollars dafür geplant! Wer steckt hinter diesem Projekt, was wird damit bezweckt? - Lesen Sie den folgenden Artikel in ref.ch unten!

In Washington wächst das grösste Bibelmuseum der Welt

ref.ch 1. März 2017

(Bild: museumofthebible.org) Visualisierung des Bibelmuseums, das im November 2017 seine Tore öffnen soll.

Es soll das grösste Bibelmuseum der Welt werden. Drei Blocks entfernt vom Kapitol in Washington entsteht ein 500 Millionen Dollar teures Projekt rund um das meistgelesene Buch der Welt.

Noch sind die 40’000 Quadratmeter in dem ehemaligen Kühlhaus in Washington eine riesige Baustelle. Trotzdem herrscht Zuversicht, dass das grösste Bibelmuseum der Welt pünktlich im November eröffnet werden kann.

16. Februar 2017

Ich staune immer wieder, wie billig sich die Westeuropäer in islamischen Staaten verkaufen, resp. sich für zukünftige lukrative Geschäft einzuschmeicheln versuchen.

Neuestes Beispiel dafür präsentieren schwedische links-grüne Politikerinnen, die sich bei einem offiziellen Besuch in Teheran/Iran mit einem Niqab verschleiern und separat - also nicht gleichwertig - zu ihren männlichen Kollegen zu sitzen hatten. Diese schwedischen Damen - so wurde gesagt - machen sich in ihrer Heimat normalerweise als feministische Emanzen für die Gleichwertigkeit von Mann und Frau stark!  

16/02/2017 Audiatur-Online
 Die links-grüne schwedische Regierung, die sich selbst als „feministisch“ bezeichnet, verrät mit ihrem Kotau in Teheran die Werte der freien Welt. von Thomas Eppinger Am 8. März 1979 gingen mehr als 100.000 Frauen in Teheran auf die Strasse. Ganz ohne WhatsApp, Twitter und Facebook versammelten sie sich am Internationalen Frauentag in der iranischen Hauptstadt, um […]

26. Januar 2016:

Die Kriminalität der Ausländer in der Schweiz

Das Thema der "Ausländer-Kriminalität" wird heiss diskutiert, v.a. nach den vergangenen Sylvester-Zwischenfällen in deutschen Grossstädten (und auch in der Schweiz). Was hat es wirklich auf sich mit der Kriminalität von Ausländern in der Schweiz? - Der nachfolgende Artikel des TAGES-ANZEIGERS befasst sich mit dieser Thematik!

26. Januar 2016: Wie viele von 100 Ausländern sind kriminell?

 Die Ausländerkriminalität steht wegen Köln und der Durchsetzungsinitiative wieder im Fokus von Medien und Politik. Wer da Angst vor Fremden bekommt, sollte sich kurz Zeit für diese interaktive Grafik nehmen. 

Stichworte: Ausländer, Interaktiv, Kriminalität:  

Von Marc Brupbacher, Ruedi Lüthi und Marc Fehr

Fakt ist: Ausländer sind krimineller als Schweizer. Egal ob Strafgesetzbuch, Strassenverkehrsgesetz oder Betäubungsmittelgesetz, ausländische Personen werden proportional öfters verurteilt und verzeigt als Schweizer – gerade auch für schwere Delikte. Die Strafurteilsstatistik (SUS) und die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) lügen nicht. Aber die Statistik sagt halt nur, was sie misst. Die Realität ist komplexer.  

Von 100 Ausländern und 100 Schweizern: Was glauben Sie, wie viele wurden im Jahr 2014 einer Straftat gemäss Strafgesetzbuch (StGB) beschuldigt?  

Die überwältigende Mehrheit der Ausländer in der Schweiz  – von ordentlich Angemeldeten, Asylbewerbern, Touristen über Kurzaufenthalter bis hin zu Illegalen – verstiess 2014 also nicht gegen das Strafgesetzbuch. Nur 2,2 Prozent von 1,86 Millionen der über zehnjährigen Ausländer wurden einer Straftat gemäss StGB beschuldigt (Schweizer: 0,7 Prozent).   

Wenn wir nur die Gruppe der Ausländer mit Niederlassungs- und Aufenthaltsbewilligung anschauen  – also Kriminaltouristen, Asylbewerber und Illegale ausklammern –, dann beträgt die Referenzbevölkerung 1,69 Millionen (ab 10 Jahren). Die Zahl der Beschuldigten liegt hier gemäss PKS bei 23’604. Die Beschuldigtenquote sinkt so auf 1,3 Prozent.   

Ob es dann tatsächlich auch zu einer Verurteilung kam, sagt die PKS nicht. Dazu hilft ein Blick in die Strafurteilsstatistik. Wird die Referenzgrösse mit allen Ausländerkategorien ins Verhältnis zu den tatsächlich Verurteilen gesetzt, dann kommt es beim StGB zu einem Richterspruch pro 100 Ausländer. Oder anders: Von den 1,86 Millionen über zehnjährigen Ausländern wurden im Jahr 2014 nur 1,15 Prozent wegen einer StGB-Straftat verurteilt. Wenn wir wiederum nur die ständige ausländische Wohnbevölkerung betrachten (1,69 Mio.), dann sinkt die Verurteilungsrate auf 0,6 Prozent (Schweizer: 0,3 Prozent).  

Fakt ist aber auch: Gewisse Nationalitäten haben eine um ein Vielfaches höhere Deliktquote als andere. Deutsche, Österreicher und Franzosen sind kaum auffälliger als Schweizer. Personen aus dem Balkan, aus südamerikanischen und osteuropäischen Ländern sowie aus der Türkei haben eine höhere Beschuldigtenquote. An der Spitze liegen afrikanische und arabische Nationen wie Algerien, Tunesien, Nigeria oder Marokko.   

Gibt es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Nationalität und Kriminalität? Soziologe Ben Jann von der Universität Bern ging im Jahr 2013 dieser Frage nach. Sein Fazit: Die Kriminalitätsraten sind viel mehr von sozioökonomischen Faktoren abhängig als von kulturspezifischen. Er sagt: «Ein hochgebildeter Deutscher wird mit tieferer Wahrscheinlichkeit kriminell als ein schlecht ausgebildeter Algerier.» Er fasst die Befunde in seiner Studie so zusammen: 

•Ausländer weisen beim Strafgesetz eine rund doppelt so hohe Beschuldigtenrate auf wie Schweizer. 

•Bis zu 30 Prozent der Differenz sind auf die unterschiedliche Altersstruktur zurückzuführen. Wandern von einer Nationalität vor allem junge Männer ein, fällt die Kriminalitätsrate dieser Ausländergruppe höher aus. 

•Durch Kontrolle von Statusmerkmalen wie Bildung, berufliche Stellung, familiäre Situation verschwinden die Unterschiede zwischen ausländischen Personen und Schweizern weitgehend.  

Dass trotzdem gewisse Effekte kultureller Prägung bestehen, kann nicht ausgeschlossen werden. Jann dazu: «Die Beschuldigtenraten unterscheiden sich je nach Herkunftsland stark. Diese können einerseits zustande kommen, wenn Personen mit besonders hohem oder tiefem kriminellem Potenzial ein Land verlassen. Andererseits können kulturelle Faktoren wie Stellung der Frau, Einstellungen zu Gewalt, Erfahrung mit kriegerischen Auseinandersetzungen eine Rolle spielen.»  

Bei der Studie gibt es zwei Vorbehalte: 

•Es werden nicht alle Straftaten entdeckt oder aufgeklärt. 

•Racial Profiling: Je öfter eine Gruppe kontrolliert wird, desto öfter werden Straftaten entdeckt.   

Wer mehr über die Analyse erfahren möchte, dem sei dieser Vortrag von Jann empfohlen. Im Januar 2014 gab der Soziologe zu diesem Thema auch der NZZ ein Interview.  

Die Daten für die interaktive Grafik stammen aus der BFS-Statistik der ständigen und nicht ständigen ausländischen Wohnbevölkerung von 2014, dazu zählen auch Kurzaufenthalter und Asylbewerber, nicht jedoch Illegale, Abgetauchte und Kriminaltouristen. Wir berücksichtigen nur über Zehnjährige, da man vorher nicht strafmündig ist. Die Schweiz zählt so 1’859’948 Ausländer und 5’636’481 Schweizer. Diese Referenzbevölkerung setzten wir ins Verhältnis zur polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Diese weist für das Jahr 2014 exakt 41’582 beschuldigte ausländische Straftäter und 37’487 Schweizer aus (Strafgesetzbuch, StGB). Bei der PKS sind aber auch Kriminaltouristen, Touristen, abgewiesene Asylbewerber und Illegale aufgelistet. Diese sind in der Bezugsbevölkerung des BFS nur teilweise berücksichtigt. Die Berechnung für die interaktive Grafik ist also nicht zum Vorteil der Ausländer.   

Das Betäubungsmittelgesetz haben wir ausgeklammert, hier gibt es weniger Unterschiede bezüglich Deliktquote zwischen Ausländern und Schweizern. Auch das Ausländergesetz berücksichtigen wir nicht, weil dort nur Ausländer betroffen sind. Nicht erfasst sind Straftaten, von denen die Polizei keine Kenntnis hat (Dunkelziffer).

19. November 2015:

Die kürzlichen blutigen Terrorattentate in Paris haben eine grosse Diskussion bezüglich des religiösen und politischen Hintergrundes der involvierten Terroristen ausgelöst! Umsomehr als seit Jahren die ganze Welt tagtäglich mit den schrecklichsten Attentaten auf zumeist friedliche und unschuldige Menschen konfrontiert wird, stellt sich selbstverständlich immer wieder von neuem die Frage, inwieweit der "islamische HIntergrund" die entscheidende Rolle dabei spielt.

Bis jetzt habe ich von islamischer Seite diesbezüglich eher Zurückhaltung festgestellt. In der NZZ vom 19. November 2015 erschien allerdings in der "Tribüne" ein Gastkommentar von Jasmin El Sonbati, der aufhorchen lässt, der auf einer ehrlichen selbstkritischen Ebene verfasst ist und der wichtige Aussagen enthält. Jasmin El Sonbati ist Mitbegründerin des Forums für einen fortschrittlichen Islam und Autorin von "Moscheen ohne Minarett. Eine Muslimin in der Schweiz".  

 NZZ vom 19. November 2015/Tribüne

Muslime müssen sich verändern

Gastkommentar von Jasmin El Sonbati 

Als in der Schweiz lebende Muslimin bin ich wie meine Glaubensgeschwister geschockt über den Terror von Paris. Terror ist keine Religion, er ist auch nicht im Islam verankert, wie Scharfmacher uns weismachen wollen. Die islamische Welt äussert nach terroristischen Taten, die in Europa ausgetragen wurden, Betroffenheit. Ebenso reflexartig schaltet sich der Selbstverteidigungsmodus ein, wonach der Westen die Retourkutsche erhalte für das Unheil, das er im Orient gestiftet habe. Eine historische Berechtigung hat die  Mitverantwortung des Westens, sie greift jedoch zu kurz. Es ist eine einseitige Sichtweise, die die Eigenverantwortung ausblendet.

Diejenigen unter uns, die aus Kairo, Damaskus, Tunis, Beirut stammen, in den fünfziger, sechsziger Jahren geboren sind, haben eine offenere Gesellschaft kennengelernt, in der es ausser Beten und koran-Lektüre noch andere Freizeitbeschäftigungen gab. Das  hat sich geändert. Seit den siebziger Jahren ist der Islam im Alltag präsenter denn je. Ein Diskurs der Enge entlang klarer Zuschreibungen von Haram (verboten) und Halal (erlaubt) wurde uns auferlegt. Allah ist der absolute Herrscher, wir sind seine willigen Untertanen. Menschen sind von Natur aus frei, sie entscheiden selber, was sie selig macht. Nicht so der Zeitgenössische islamische Mensch, ihm wird der wahre Islam auferlegt. Unsere Lehrerschaft, unsere Rechtsgelehrten verbieten uns, Fragen zu stellen, die berücktigten "roten" Linien zu überschreiten. Eine Grenzüberschreitung ist schnell ausgemacht, davon zeugt der Fall des saudischen Bloggers Raif Badawi. Er wagte es, ohne dem Islam abzuschwören, für GBewissensfreiheit einzustehen. Dafür sitzt er im Gefängnis und wrd einmal pro Woche ausgepeitscht. Saudiarabien, die Wiege des Islams - Badawis Heimat -. brachte im 18. Jahrhundert das  Schlechteste hervor, das der Islam zu bieten hat, den menschenverachtenden Wahhabismus. Ei Kompendium obskurer Islamvorstellungen. Seit Jahrzehnten predigen muslimische Geistliche an Schulen, Universitäten, in der Quartiersmoschee von nebenabn, auf Fernsehkanälen genau das, was am Islam so abstossend ist: Gewalt, Intoleranz, Hass. Gegen Frauen, Andersgläubige, Christen, Juden, den verdorbenen Westen. Diese radikale Lesart ist nach Europa übergeschwappt. In England, Frankreich sind Moschee machmal zu Orten der Hetze mutiert.

Der muslimische Mensch muss ich den Spiegel vorhalten und genau hineinschauen. Er muss lernen, für sich selber zu denken und sich von religiöser Bevormundung zu befreien. Die Beziehung zum Schöpfer oder die Nichtbeziehung zu ihm ist persönlich. Ich treffe in islamischen Ländern regelmässig überzeugte Atheisten, trotz sozialer Kontrolle und religiöser Dauerberieselung. Das  Bedürfnis, frei zu entscheiden, ob mit oder ohne Allah durchs Leben zu gehen, ist universell.

Veränderung kann nur von denen ausgehen, die sich ihre geistige Freiheit erhalten haben. Nicht von Rechtsgelehren, sie wälzen sich im gleichen Sumpf. Die muslimischen Gemeinde in Europa hingegen können, ja müssen diese geistige Lücke schliessen. Es ist an unseren Imamen - hoffentlich bald auch Imaminnen -, die Texte neu zu lesen, den Islam zuu reformieren. Sie haben diese Chance fürs Erste verpasst, hätte sich sonst der europäische Salafismus à la Pierre Vogel und Nicolas Blancho überhaupt etablieren können? Die Moschee als Raum der geistigen Freiheit, wo Jugendliche und Erwachsene tabulos über Gott und die Welt diskutieren. Ich träume von einem Imam, der öffentlich verkündet: "Ab heute kommen in meiner Predigt keine Verse mehr vor, die von Gewalt reden." Wir Musliminnen und Muslime Europas haben die besseren politischen Bedingungen, Änderungen einzufordern und umzusetzen. Tun wr es also! Auch wir müssen über den vererbten Schatten der Unterwerfung springen. Schliesslich müssen wir geschlossen und unmissverständlich gegen islamische Radikalismus zusammenstehen. Der Islam gehört zu Europa, davon bin ich überzeugt. Aber nur, wenn er sich den Spiegel vorhält und sich nicht vor sich selber versteckt.

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13./14. November 2015

Eine Terrorwelle erschüttert Paris! Der IS hat zugeschlagen und gegen 200 unschuldige Menschen ins Jenseits befördert! Nicht nur Frankreich, sondern ganz Europa oder sogar die ganze Welt, ist aufgeschreckt! Der blutige Terror des islamistischen Kampfes gegen die freie Welt erschüttert auch uns Schweizer. Und wie immer bei solchen Ereignissen, fühlt sich die Gesprächsrunde des Interreligösen Runden Tisches im Kanton Zürich und des Zürcher Forums der Religionen herausgefordert, eine Stellungnahme im Namen der angeschlossenen Religionen herauszugeben. Und wie immer, so ist auch diese "Stellungnahme" ein Glanzstück von gesagtem "Nichtgesagtem":  schöne Worte mit eigentlich sehr wenig Inhalt!

Auch bei Debatten in den Medien wird immer wieder auf den Unterschied  zwischen Islamistischen Terrororganisationen  und dem Islam hingewiesen. Islamistisch und islamisch sei nicht das Gleiche, wird betont! Mir scheint bei solchen Spitzfindigkeiten, wie wenn man über einen Alkoholiker sagen würde, er hätte nichts mit Alkohol zu tun!  

Stellungnahme des Interreligiösen Runden Tisches im Kanton Zürich und des Zürcher Forums der Religionen

(Zu den Terrorattentaten vom 13.11.2015 in Paris)

Wir Leitungspersonen und weitere Mitglieder der verschiedenen Religionsgemeinschaften des Kantons Zürich sind entsetzt und tief betroffen vom Leid, das die gestrigen Terrorangriffe in Paris angerichtet haben.

Wir verneigen uns vor den vielen unschuldigen Opfern und sind allen ihren Angehörigen nahe. Und wir nehmen Anteil am aufgewühlten Denken und Fühlen der ganzen Bevölkerung in Paris. Die politische Entwicklung der letzten Zeit betrifft und beschäftigt uns alle.   

Der Terror von gestern war das Werk von verblendeten und gewissenlosen Mördern, denen es darum geht, in Europa und darüber hinaus Angst, Schrecken und Zwietracht zu verbreiten.

Jede religiös verbrämte Gewalt belastet das Verhältnis zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften schwer. Und die Anschläge von gestern sind auch Gift für einen menschlichen Umgang mit den vielen Flüchtlingen, die zur Zeit in Europa Zuflucht suchen.

Wir bitten darum alle, in diesen schweren Stunden keine pauschalen Schuldzuweisungen zu machen und vor allem auch Impulsen der Rache keinen Raum zu geben. Der erklärte Krieg der Terroristen darf unsere Köpfe und Herzen nicht verbittern und die Religionen nicht gegeneinander aufbringen.

Wir wollen heute mit klarem Kopf und offenen Herzen und über alle Religionsgrenzen hinweg zusammen stehen und unsere Grundwerte der Freiheit, der Sicherheit und des religiösen Friedens gemeinsam verteidigen.

Lasst uns miteinander und mit allen Menschen guten Willens eine grosse Koalition der Menschlichkeit bilden. Und ein starkes Bündnis gegen die Barbarei.

FÜR DEN INTERRELIGIÖSEN RUNDEN TISCH                        FÜR DAS ZÜRCHER FORUM DER RELIGIONEN                         

Pfr. Michel Müller, Kirchenratspräsident Reformierte Kirche (Vorsitz)      Pfr. Dr. Christoph Sigrist, Präsident
Dr. André Bollag, Co-Präsident Israelitische Cultusgemeinde
Dr. Zeno Cavigelli, Synodalrat Katholische Kirche
Alex Dreifuss, Präsident Jüdische Liberale Gemeinde
Dr. Mahmoud El Guindi, Präsident Vereinigung Islamischer Organisationen

Weitere Infos: http://www.rundertisch.ch/content/e131/index_ger.html sowie http://www.forum-der-religionen.ch/neu

Für Rückfragen: Philippe Dätwyler, Sekretär Interreligiöser Runder Tisch, Tel. 079 667 53 64

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20. Oktober 2015

Zum aktuellen Flüchtlingsdrama

In der Schweiz fanden über das Wochenende vom 17./18. Oktober 2015 National- und Ständeratswahlen statt. Ein ganz wichtiges Thema in den Wahlkampagnen (und dann letztlich beim Wahlverhalten) war ohne Zweifel das gegenwärtige Flüchtlingsdrama! Hunderttausende von Menschen (darunter gegen 70% junge Männer unter 30) versuchen schon seit einiger Zeit nach Westeuropa zu gelangen. Die Länder der EU sind mit diesem Ansturm eindeutig überfordert. Früher oder später wird auch die Schweiz direkt mit einer grösseren Flüchtlingswelle konfrontiert werden. Was geschieht dann?  Zwei Extremreaktionen der Bevölkerung sind rund um das aktuelle Flüchtlings-/Immigrationsdrama beobachtbar: auf der einen Seite artikulieren sich viele Schweizer als "Gutmenschen" für die unbegrenzte Aufnahme dieser Menschen in unserem Land; es wird auch hier eine sogenannte"Willkommenskultur" ausgelebt. Mit viel Empathie wird für diese Flüchtlinge geworben und gesammelt. Auf der anderen Seite hört man aber immer mehr sehr kritische Stimmen. Fragen tauchen auf, die berechtigt sind und die auf den Tisch gehören! Wie werden sich diese vielen Menschen, die aus einem fremden Umfeld von Kultur und Religion stammen, integrieren können? Wie werden sich diese Menschen entwickeln (v.a. die jungen Männer, die das Hauptkontingent ausmachen), wie werden sie sich  in unserer Umwelt von Liberalität und Demokratie verhalten? Muss mit einer Radikalisierung dieser meistens muslimischen Immigranten zu rechnen sein, wird sich ein fanatischer und intoleranter Islam  in Zukunft ausbreiten? Werden wir zukünftig mit blutigem Terror überrollt werden aus Kreisen, die sich nicht integrieren wollen oder können? Wird es dann als Reaktion darauf zu starken sozialen Spannungen kommen?

Diesen Fragen geht Peter Neumann, ein Sicherheitsexperte, im nachstehenden Interview nach.

«Europa steht am Beginn einer neuen Terrorismuswelle»

Sicherheitsexperte Peter Neumann über die Flüchtlingswelle, den IS und neue Jihadisten, die Gefahren für Europa und bessere Ansätze der Terrorprävention. (Tages-Anzeiger 20.10.2015)

Erhöhte Wachsamkeit in Europas Hauptstädten: Soldaten beim Eiffelturm nach den Anschlägen in Paris im letzten Januar. Bild: AFP

Die Flüchtlingswelle aus dem Nahen Osten hat in Europa viele Ängste ausgelöst. Es gibt etwa die Sorge, dass sich IS-Jihadisten unter die Flüchtlinge mischen, um später in Europa Anschläge auszuführen. Ist diese Sorge berechtigt?
Dass der IS aktiv und systematisch Leute nach Europa einschleust, trifft nicht zu. Es gibt bisher einen einzigen dokumentierten Fall aus Deutschland. Der mutmassliche Jihadist wurde von den Flüchtlingen der Polizei gemeldet. Die Flüchtlinge selbst haben kein Interesse, dass Jihadisten den Weg nach Europa finden. Die Hysterie, die teilweise von Politikern geschürt wird, ist nicht gerechtfertigt. Dagegen ist es ein echtes Problem, dass hochradikalisierte Muslime und potenzielle Terroristen längst unter uns leben. Die Anschläge in Paris und Kopenhagen Anfang dieses Jahres waren keine Einzelfälle. Sie sind vielmehr erste Hinweise darauf, was in den nächsten Jahren und Jahrzehnten passieren wird. Europa steht am Beginn einer neuen Terrorismuswelle, die uns noch eine Generation lang beschäftigen wird. Und das ist nicht alles.

Woran denken Sie?
Eine zweite, mindestens genauso grosse Gefahr ist, dass sich die europäischen Gesellschaften weiter polarisieren. Parteien und militante Gruppen am rechten Rand gewinnen bereits an Zulauf. Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Herkunft wird in Europa noch schwieriger. Mit der zunehmenden Polarisierung entstehen auch neue Bedrohungen für Minderheiten wie Juden und nicht zuletzt Muslime. Letztlich stehen unsere Demokratie und das europäische Gesellschaftsmodell auf dem Spiel. Das ist meine grösste Sorge.

Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière hat die Pegida als «harte Rechtsextremisten» bezeichnet. Ist es nicht irgendwie verständlich, dass diese Leute gegen die Flüchtlingspolitik der Merkel-Regierung protestieren?
Natürlich ist es nachvollziehbar, dass die Menschen Ängste haben und deswegen auf die Strassen gehen. Das Problem ist, dass Organisationen wie Pegida häufig von Rechtsextremen gesteuert werden, die sich die öffentliche Angst zunutze machen und für ihre eigenen, viel radikaleren Zwecke nutzen. Wichtig ist, dass die Politiker die Sorgen der Bürger ernst nehmen, sich aktiv ihren Fragen stellen und das Thema Flüchtlinge nicht aus Feigheit und Angst vor dem Zorn der eigenen Wähler allein den radikalen Kräften überlassen.

Sehen Sie die Gefahr weiterer rechter Terroraktionen nach dem Anschlag auf die Kölner Oberbürgermeisterkandidatin Henriette Reker?
Ja, diese Gefahr besteht. «Einsame Wölfe» gibt es nicht nur bei den Jihadisten, sondern auch bei den extremen Rechten. Und genauso wie bei den Jihadisten droht durch sie eine Polarisierung der Gesellschaft und dass sich die Extreme gegenseitig hochschaukeln.

Sie schreiben in Ihrem aktuellen Buch von neuen Jihadisten, und Sie sehen eine neue Terrorismuswelle auf Europa zukommen. Können Sie diese düstere Prognose begründen?
Der Terrorismus ist ein zyklisches Phänomen. Er kommt in Wellen, die 25 bis 30 Jahre dauern. Gesehen haben wir das zum Beispiel beim linken Terror, etwa durch die RAF in Deutschland, danach auch beim radikalislamischen Terror des Netzwerks al-Qaida. Die al-Qaida entstand in den Wirren des Afghanistankriegs in den 1980ern und verübte ihre Anschläge in den 1990er- und 2000er-Jahren. Jetzt haben wir es mit einer neuen Generation von Jihadisten zu tun. Die Lage ist deshalb so gefährlich, weil die Anzahl der – teilweise sehr jungen – Jihadisten viel höher ist als in der Vergangenheit. Eine solche Mobilisierung von Jihadisten hat es noch nie gegeben. Das, was im Nahen Osten derzeit geschieht, produziert eine ganze Generation von Leuten, die auch in Europa Anschläge verüben werden. Das ist auch im Sinne des IS.

Dass Terroristen wie der IS einen eigenen Staat ausrufen, ist ein ungewöhnliches Phänomen. Welche Rolle spielt der IS für die neuen Jihadisten?
Mit der Eroberung von grösseren Gebieten in Syrien und im Irak ist es dem IS gelungen, Wurzeln zu schlagen und ein sichtbares Zentrum einer neuen, totalitären Bewegung zu werden. Für die neuen Jihadisten ist der IS ein logistischer Dreh- und Angelpunkt, aber auch Utopie und Inspiration. Allein aus Europa sind in den letzten drei Jahren mindestens 5000 Kämpfer nach Syrien und in den Irak gegangen. Nicht jeder europäische IS-Kämpfer, der zurückkehrt, wird ein Terrorist sein, aber einige können gefährlich werden. Ausserdem gibt es zahlreiche Unterstützer und Sympathisanten des IS, die bereits in Europa leben. Auch sie können zu Attentätern werden. Wer nach potenziellen Terroristen sucht, wird bei den Salafisten fündig. Praktisch alle europäischen Jihadisten sind vom Salafismus radikalisiert worden.

Wachsende Salafistenszenen gibt es vor allem in Grossbritannien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Deutschland. Welche Menschen sind anfällig für den Salafismus? Und warum findet diese radikale Form des Islams zunehmend Anhänger?
Attraktiv ist der Salafismus vor allem für die Gestrandeten, Orientierungslosen und Zurückgelassenen. Er richtet sich an Menschen, die sich von der Gesellschaft allein gelassen oder an den Rand gedrängt fühlen und die nach einer neuen Identität suchen. Dazu gehören insbesondere junge Muslime, die nicht wissen, wo sie hingehören, aber auch deutsche Jugendliche aus kaputten Elternhäusern, Kleinkriminelle und Aussenseiter. Der Salafismus bietet diesen Leuten Rebellion gegen alles, wofür westliche Gesellschaften stehen. Er schafft Ordnung, indem er mit klaren Regeln und Verboten für jede Lebenssituation eine Antwort parat hat. Schliesslich bietet der Salafismus seinen Anhängern Gemeinschaft und Akzeptanz – unabhängig vom persönlichen Hintergrund.

Inwiefern können die Salafisten von der aktuellen Flüchtlingswelle nach Europa profitieren? Sicherheitsbehörden wie der deutsche Verfassungsschutz befürchten, dass sie unter den Flüchtlingen neue Anhänger anzuwerben versuchen.
Die Salafisten versuchen dies, ja. Sie werden aber keinen Erfolg haben. Dieser Salafismus ist auf die Verlierer in den europäischen Gesellschaften zugeschnitten. Die Flüchtlinge, die jetzt kommen, sind momentan noch begeistert von Europa, sie wollen sich hier eine gute Zukunft aufbauen. Das Letzte, was etwa Syrien-Flüchtlinge brauchen, ist ein rothaariger deutscher Salafist wie der Prediger Pierre Vogel, der ihnen etwas über den Islam erzählt. In fünf bis zehn Jahren kann sich die Einstellung mancher Flüchtlinge ändern, wenn ihre Integration nicht gelingt und sie Europa nicht mehr als positiv erleben. Dann könnten Frustration und Radikalisierung entstehen. Und dies würde nur dem Jihadismus nützen.

Wie unterscheidet sich der Terror der europäischen Jihadisten vom Terror der al-Qaida?
Im Gegensatz zu al-Qaida haben sie begriffen, dass man auch mit relativ «kleinen Anschlägen» eine grosse, schockierende Wirkung erzielen kann. Dazu kommt, dass «einsame Wölfe» oder Kleinstgruppen, die einfache Aktionen planen, von den Geheimdiensten kaum rechtzeitig entdeckt werden können. Anders ist dies bei den Anschlägen, die eine längere, komplizierte Planung erfordern und an denen viele Leute beteiligt sind. Europa drohen also nicht Anschläge wie in den USA (9/11) oder wie in Madrid (2004) und London (2005), sondern wie in Paris und Kopenhagen in diesem Jahr. In diese Kategorie gehört auch der von Passagieren vereitelte Anschlag im Thalys-Zug von Amsterdam nach Paris im letzten August. Solches Glück werden wir nicht immer haben.

Nach jeder Terroraktion in Europa erfahren wir, dass die Attentäter der Polizei und den Geheimdiensten bekannt gewesen waren. Was läuft schief in der Terrorabwehr?
Die Zahl der Salafisten ist so hoch, dass nicht alle Verdächtigen permanent überwacht werden können. Die Sicherheitsbehörden müssen laufend entscheiden, wer gefährlich ist und wer nicht. Somit besteht das Risiko, dass spätere Attentäter durch den Raster fallen, wenn sie längere Zeit nicht mehr auffällig gewesen waren. Die Bekämpfung des Terrorismus muss neu gedacht werden. Es genügt längst nicht mehr, zusätzliche Polizisten einzustellen und den Geheimdiensten mehr Befugnisse zu geben.

Was schlagen Sie vor?
Jedes Land braucht eine nationale Strategie. Dazu gehört auch ein Konzept mit Prävention, Intervention und Deradikalisierung. Je nach Fall setzen sich Eltern, Psychologen, Sozialarbeiter, Lehrer oder Theologen zusammen, und sie entscheiden dann, mit welchen Massnahmen die Radikalisierung eines Jugendlichen gestoppt werden kann. Beispiele aus den Niederlanden und Grossbritannien zeigen, dass dieser Ansatz erfolgreich sein kann. Das britische Channel-Programm hat eine Erfolgsquote von 70 Prozent. Um die restlichen 30 Prozent kümmern sich die Sicherheitsbehörden. Es ergibt auch Sinn, dass sich Polizei und Geheimdienste auf die wirklich gefährlichen Personen konzentrieren können. So kann die Terrorabwehr wirksamer werden.

Sie haben die Deradikalisierung als wichtiges Element der Terrorprävention erwähnt. Wie funktioniert das?
Zunächst braucht es das Gespräch über die problematischen Ideen, die eine radikalisierte Person hat. Daneben geht es um die Frage, welche persönlichen Probleme oder Krisen den Salafismus für diese Person attraktiv gemacht haben und welche Lösungen es dafür gibt. Schliesslich muss diese Person aus der salafistischen Szene geholt werden.

Wie kann das gelingen?
Die Szene der Salafisten ist so abgeschottet, dass Radikalisierte nur untereinander Kontakte haben. In manchen Fällen bedeutet dies, dass ein Umzug nötig ist. Exit-Programme helfen beim Aufbau eines neuen sozialen Umfelds und von neuen Kontakten. Das Wichtigste ist zunächst, Zugang zu den radikalisierten Personen zu finden. In vielen Fällen gibt es nur einen Menschen, dem sie zuzuhören bereit sind, beispielsweise ein Fussballtrainer, ein Lehrer, die Mutter oder ein Imam. Auch echte IS-Aussteiger, die desillusioniert aus dem Nahen Osten zurückgekehrt sind, könnten dank ihrer Glaubwürdigkeit eine bedeutende Rolle bei der Präventionsarbeit spielen.

Auch die muslimischen Verbände und Organisationen könnten eine wichtige Rolle einnehmen im Kampf gegen die Radikalisierung. Sie wirken aber hilf- und ahnungslos im Umgang mit den Salafismus-Phänomen. Wie beurteilen Sie das?
Ich nehme die muslimischen Gemeinschaften immer in Schutz, denn 99 Prozent der Muslime haben nichts mit Salafismus zu tun. Aber sie engagieren sich tatsächlich zu wenig. Gerade sie müssten ein grosses Interesse daran haben, dass die Salafisten den Islam nicht für sich in Anspruch nehmen und dass diese nicht alle Muslime in den Dreck ziehen. Sie haben es versäumt, sich um ihre eigene Jugend zu kümmern.

Was machen sie falsch?
Die muslimischen Organisationen sind sehr konservativ und ihre Anführer meist ältere Männer, die kein Gespür dafür haben, was mit den jungen Menschen in ihrer Gemeinschaft los ist. Sie haben nichts zu sagen zu Themen wie Identität, Sex oder Drogen, die die Jugendlichen tatsächlich beschäftigen. In einer traditionellen Moschee erhalten junge Muslime keine Antworten auf ihre Fragen. Gehen sie ins Internet, finden sie den salafistischen Prediger Pierre Vogel, der kumpelhaft und sympathisch wirkt. Vor allem spricht er über alle Themen. So fangen die Salafisten junge Leute ein. Und damit entsteht die Gefahr neuer Jihadisten und IS-Kämpfer.

Im Rahmen Ihrer Forschung haben Sie über Internet und Social Media Kontakte mit IS-Kämpfern aufgenommen und solche Leute im türkisch-syrischen Grenzgebiet auch getroffen. Wie ist deren Kriegsbegeisterung zu erklären?
In Europa gibt es mittlerweile eine Art salafistische Gegenkultur. Da geht es um Rebellion, Stärke, Maskulinität und Abenteuer. Das ist vielen genauso wichtig wie Ideologie oder Religion, mit denen sich die meisten Syrienkämpfer gar nicht so gut auskennen, wie man häufig denkt. Hinzu kommt, dass mit dem Islamischen Staat jetzt ein ganz konkretes Symbol existiert – eine jihadistische Utopie.

Der IS hat sein Kalifat im Juni 2014 ausgerufen. Seit einem Jahr versucht eine internationale Koalition um die USA, den IS zu bekämpfen. Inzwischen kämpfen auch die Russen im Syrienkrieg. Wie lange kann sich der IS noch halten?
Der IS ist konventionell nicht zu besiegen. Was es braucht, ist eine aggressive Strategie der Eindämmung. Der IS darf keine Territorien dazugewinnen, er muss isoliert werden. Dann kann das Kalifat in Syrien und im Irak auf Dauer nicht überleben. Ohne territoriale Expansion kommt die Wirtschaft des IS ins Stocken, die Versorgung der Bevölkerung verschlechtert sich, und es entstehen interne Spannungen. Wenn es gelingt, den IS einzudämmen, wird er in ein paar Jahren implodieren. (Tages-Anzeiger)

Peter Neumann ist Politikwissenschaftler und Professor für Sicherheitsstudien am King’s College in London und leitet das International Centre for the Study of Radicalisation (ICSR), das weltweit bekannte Forschungsinstitut zum Thema Radikalisierung und Terrorismus. Neumann ist ein gefragter Berater von Regierungen, Geheimdiensten und internationalen Organisationen wie etwa die UNO. Zudem ist er als Publizist aktiv. Sein neuestes Buch heisst «Die neuen Dschihadisten» (Ullstein Buchverlage). (vin)

 

 

 

 

 

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