Die Schweiz und die PLO
- das (angeblich) geheime Abkommen
Februar 2023
Daniel Rickenbacher geht dieser Geschichte weiter nach:
7. September 2020
Jetzt taucht sie wieder auf, die Flugzeugentführerin und Terroristin Leila Khaled! Wie berichtet wird, soll diese Dame, die in der Zwischenzeit in die Jahre gekommen ist, an der San Francisco State University auftreten.
TACHLES - 07. Sep 2020
Kontroverse um Leila Khaled
Trotz heftiger Proteste hält die San Francisco State University an einem Zoom-Auftritt der ex-Terroristin fest.
Universitäten seien «Marktplätze für Ideen und Lebenserfahrungen» unterschiedlichster Art. Nur so könne Studierenden kritisches Denken vermittelt werden. Mit dieser Begründung hat Lynn Maloney als Präsidentin der San Francisco State University in Kalifornien es dem «Forward» gegenüber abgelehnt, einen Auftritt von Leila Khaled abzusagen. Die 76-jährige Veteranin der palästinensischen Terrororganisation «Volksfront zur Befreiung Palästinas» (PFLP) soll am 23. September via Zoom an einer Konferenz des Studienganges «Arab and Muslim Ethnicities Diaspora» (AMED) an der Universität (Link) teilnehmen.
Khaled wurde 1969 als erste Frau an einer Flugzeugentführung bekannt, als die PFLP eine Maschine auf dem Weg von Rom nach Israel gekapert und nach Damaskus umgeleitet hat. Dort wurde die Boeing 707 gesprengt. Auch die israelischen Passagiere kamen im Rahmen eines Gefangenen-Austausches mit Syrien und Ägypten frei. Im folgenden Jahr wurde Khaled bei einem gescheiterten Hijacking verhaftet, in England inhaftiert und dann aber ebenfalls im Rahmen eines Gefangenen-Austausches bald wieder entlassen. Sie lebte anschliessend als Ikone linksradikaler Terrorbewegungen weltweit längere Zeit in Syrien.
An der Zoom-Konferenz am 23. September sollen zudem Rula Abu Dahou vom «Institute for Women’s Studies» an der Birzeit University auf der West Bank, der südafrikanische Politiker Ronnie Kasrils und Laura Whitehorn von der «Jewish Voice for Peace» teilnehmen. Moderieren soll AMED-Professor Rabab Abdulhadi, der 2019 Zionisten als «weisse Nationalisten» bezeichnet hatte.
Die Veranstaltung hat bereits Proteste jüdischer Organisationen provoziert und dürfte in den kommenden Tagen weiter für Aufregung sorgen (Link). Andreas Mink
24. Februar 2020
Am vergangenen Freitag, 21. Februar 2020, wurden an der Absturzstelle des Swissair-Fluges nach Tel Aviv, der einem mörderischen palästinensischen Terrorattentation zum Opfer fiel, gedacht. Die Redner zeigten ihr Unverständnis, dass es bis zum heutigen Tag den offiziellen Schweizerischen Stellen nicht gelungen war, dieses Verbrechen der Gerichtsbarkeit zuzuführen. Man hörte auch, dass es damals kein sogenanntes «Care Team», zur Unterstützung der Hinterbliebenen gab. Auch von offizieller Seite kam nichts! Das ist eine tragische Sache! Gerade dieses Verhalten der Schweizer Regierung zeigt klar und deutlich, dass die damaligen Politiker dem Gedankengut der «Neutralität» nicht nachgelebt hatten.
Walliser Bote – 22. Februar 2020 Seite: 32 Letzte Seite
Würenlingen | Bombenanschlag auf Swissair-Maschine vor 50 Jahren
Der 47 Opfer gedacht
In einem Waldstück in Würenlingen AG ist am Freitag der 47 Opfer des Bombenanschlags auf eine Swissair-Maschine vor 50 Jahren gedacht worden. Die Teilnehmenden des privat organisierten Gedenkanlasses legten Kränze und Gebinde nieder. 47 Kerzen wurden angezündet.
Die vielen Besucher zeigten, dass der Tag nicht vergessen werde, sagte Ruedi Berlinger, Mitorganisator des Gedenkanlasses und Sohn des beim Absturz getöteten Flugkapitäns. Rund 300 Personen aus der Schweiz, Israel, Kanada und Deutschland nahmen gemäss Angaben der Organisatoren am Anlass teil.
Es gehe um das Gedenken und nicht um Geschichtsaufarbeitung oder um politische Abrechnungen, sagte Arthur Schneider, langjähriger Gemeindeammann von Würenlingen und Mitorganisator. Die Angehörigen der Opfer erwarteten jedoch weiterhin Antworten zu den Hintergründen des Attentats. «Wir kämpfen weiter für Gerechtigkeit und gegen das Vergessen», sagte er.
Schneider erinnerte daran, dass es für die Angehörigen vor 50 Jahren kein Care-Team gegeben habe. Trost und Anteilnahme hätten gegenseitig angeboten werden müssen. Bundesstellen, Parlament und Bundesanwaltschaft hätten kein Mitgefühl gezeigt, hielt er fest. Die Angehörigen der Opfer seien die «Helden von Würenlingen».
Wunsch nach Aufklärung
Der Aargauer Regierungsrat Jean-Pierre Gallati sagte in einem Grusswort, der Absturz der Swissair-Maschine sei der bis heute grösste Terroranschlag, der die Schweiz getroffen habe.
Leider sei es den Bundesbehörden nicht gelungen, die Verantwortlichen des Attentats zur Rechenschaft zu ziehen und die Hintergründe vollständig aufzuklären. Der Aargau habe alles in seiner Macht stehende getan, damit die Hintergründe aufgeklärt würden.
Unter den 47 Opfern waren auch 15 israelische Staatsbürger. Am Gedenkanlass nach 50 Jahren wurde unter anderem das jüdische Totengebet «Kaddish» vorgetragen. Ein katholischer Seelsorger und ein reformierter Pfarrer sprachen Gebete. Jacob Keidar, Botschafter Israels in Bern, sagte, man gedenke jedem einzelnen der 47 Menschen. Israel werde die Opfer nie vergessen. Er schliesse sich der Hoffnung auf Informationen an, die vielleicht mehr Licht ins Dunkel zu den Hintergründen bringen könnten.
Die Passagiere und die Besatzung seien die unschuldigen Opfer eines Terroranschlags, der vom Generalkommando der Volksfront für die Befreiung Palästinas durchgeführt worden sei. Dieser mörderische Terroranschlag sei Teil einer sehr langen Liste von bösartigen Anschlägen gegen Zivilisten.
Auf dem Flug nach Tel Aviv
Vor 50 Jahren, am 21. Februar 1970, war in Würenlingen AG die Swissair-Maschine auf dem Flug nach Tel Aviv abgestürzt. Der Swissair-Flug SR330 startete um 13.14 Uhr auf dem Flughafen ZürichKloten. Neun Minuten nach dem Abheben des Flugzeugs Convair CV990 (Coronado) mit dem Namen «Nidwalden» explodierte auf einer Höhe von 4500 Metern über Meer im hinteren Laderaum eine Bombe.
Der Kapitän Karl Berlinger meldete den Druckabfall und wollte zurück nach Kloten. Das gelang nicht – und die Swissair-Maschine stürzte in den Wald in Würenlingen. Die Bombe war in München mit einem Luftpostpaket nach Jerusalem aufgegeben worden. Vor ihrem letzten Flug war die Swissair-Maschine von München kommend um 11.00 Uhr in Zürich-Kloten gelandet. Die Bombe im Paket war mit einem Höhenmesser auf einer bestimmten Höhe gezündet worden.
Strafverfahren ist verjährt
Die Hintergründe des Attentats wurden in der Öffentlichkeit nie restlos geklärt. Im August 2018 hielt die Bundesanwaltschaft fest, das Strafverfahren zum Flugzeugabsturz sei verjährt. Aufgrund des Wiederaufnahmegesuchs einer Privatperson hatte die Bundesanwaltschaft das im November 2000 eingestellte Strafverfahren einer gründlichen Prüfung unterzogen.
Grundlage des Gesuchs war ein in den Medien thematisiertes, im Internet verfügbares Dokument des amerikanischen FBI vom Juni 1970. Es erwähnt unter Berufung auf unbekannte Quellen eine mögliche Tatbeteiligung zweier unbekannter Westdeutscher.sda
Freitag, 21. Februar 2020
(Rundschreiben der Israelitischen Cultussgemeinde Zürich - ICZ) an ihre Mitglieder):
«We are crashing... goodbye everybody... goodbye everybody!» Das ist der letzte Funkspruch des Swissair-Flugs SR 330 nach Tel Aviv am 21. Februar 1970. Sieben Minuten nach dem Start in Zürich explodiert im hinteren Frachtraum eine Bombe. Neun Besatzungsmitglieder und 38 Passagiere kommen in einem Wald in Würenlingen ums Leben. Zum ersten terroristischen Bombenanschlag auf ein ziviles Flugzeug bekennt sich die radikale «Volksfront zur Befreiung Palästinas».
Dieses schreckliche Ereignis der Schweizer Geschichte darf nicht vergessen werden! Es war der Beginn einer Welle von palästinensischen Terroranschlägen gegen israelische und jüdische Ziele weltweit. ICZ-Präsident Jacques Lande wird unsere Gemeinde an der morgigen Gedenkfeier zum 50. Jahrestag des Flugzeugabsturzes in Würenlingen vertreten. Auch der Synagogenchor und Chasan Shay Zoger begleiten den würdevollen Anlass (mehr dazu unten).
Würenlingen, im Januar 2020
An die Angehörigen, Zeitzeugen und Freunde, die ihre Solidarität mit den Angehörigen und ihr Gedenken an die Opfer zum Ausdruck bringen wollen
Vor 50 Jahren sterben 47 Menschen beim Bomben-Attentat Einladung zum Gedenkanlass zum Flugzeugabsturz in Würenlingen
Sehr geehrte Damen und Herren
Am 21. Februar 1970, um 13.34 Uhr, verloren 47 Menschen das Leben als Flug SWR 330 der Swissair kurz nach dem Start von Zürich nach Tel Aviv bei einem Bomben-Attentat über Würenlingen abstürzte. Zum 50. Mal jährt sich in diesem Jahr die durch Menschen gewollte Tragödie. Dieses traurige Kapitel in der Geschichte der Schweizer Luftfahrt darf nicht in Vergessenheit geraten. Es ist uns ein grosses Anliegen, Sie alle zu diesem Anlass herzlich einzuladen, an dem das Gedenken an die Opfer und Solidarität mit den Angehörigen im Zentrum stehen. Wir freuen uns, Sie beim Gedenkstein am Absturzort Unterwald Würenlingen am 21. Februar 2020, um 13.15 Uhr begrüssen dürfen. Der Anlass dauert ungefähr eine Stunde und wird von Gebeten begleitet und musikalisch umrahmt. Sie haben die Gelegenheit Kränze und Blumengebinde am Gedenkstein niederzulegen.
Freundliche Grüsse
Die Organisatoren: Arthur Schneider Ruedi Berlinger Ehemaliger Gemeinderat/-präsident Sohn des Piloten Würenlingen Kapitän Karl Berlinger
Programm Beginn 13.34
Dudelsack Duo mit «Amazing Grace» mit Ruedi Berlinger und Partnerin Martina Feuerstein Begrüssung von Ruedi Berlinger
Gedanken von Arthur Schneider
Grusswort des Aargauer Regierungsrats Jean-Pierre Gallati, Vorsteher Departement Gesundheit und Soziales (DGS)
Synagogenchor der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ), Dir. Robert Braunschweig
Kranz- und Gebinde-Niederlegung, Kerzen anzünden
Gebete ◦ Shay Zorger, Kantor der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ) ◦
Guido Ducret, kath. Seelsorger, Würenlingen ◦
Michael Rust, ev-ref. Pfarrer, Villigen Synagogenchor ICZ
Schlusswort und Dank
Schlussspiel Dudelsack Duo
Im Anschluss an den Gedenkanlass besteht die Möglichkeit, sich im Personalrestaurant «Oase» des Paul-Scherrer-Institues (PSI) zum Austausch und persönlichen Gespräch zu treffen.
Für Rückfragen steht Ihnen Arthur Schneider unter der Nummer 056 281 18 65 gerne zur Verfügung.
Anreise/Parkplätze Mit dem öffentlichen Verkehr: Mit den SBB zum Bahhof Brugg – nach PSI Ost mit dem Bus Nr. 376 – Fussweg ca. 10 Min. (Wegweiser folgen) Mit Auto: Kantonsstrasse Würenlingen-Döttingen – beim Kreisel PSI Richtung «Zwischenlager» (Verkehrsdienst beachten) – Fussweg ca. 10 Min. (Wegweiser folgen)
20. Februar 2020
Und immer mehr Details im Zusammenhang mit dem brutalen Anschlag auf eine Swissair-Maschine werden bekannt! Die NZZ von heute berichtet:
Aus Angst vor einem Terroranschlag fliegt ZDF-Reporter Rudolf Crisolli im Februar 1970 mit Swissair statt mit der israelischen El Al. Doch auch die Bombe wechselt kurzfristig das Flugzeug
Crisolli war einer der 47 Insassen, die vor 50 Jahren in Würenlingen in den Tod abstürzten.
Marcel Gyr 20.02.2020, 05.30 Uhr NZZ
Als Sonderkorrespondent des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) berichtet Rudolf Crisolli Ende der 196oer Jahre von so manchem Krisenherd dieser Welt: Vietnam, Nahost, Pakistan, Indien. Dass er unter panischer Flugangst leidet, ist eine schlechte Voraussetzung für seinen Job. Doch das hält Crisolli nicht davon ab, im Auftrag seines Arbeitgebers immer wieder um den halben Erdball zu reisen. Profund und besonnen erklärt der Fernsehreporter dem deutschen TV-Publikum das Weltgeschehen.
Im Februar 1970 soll Crisolli seinen Posten in Südvietnam verlassen, um für einige Wochen die ZDF-Korrespondentin in Israel zu vertreten. Den Nahostkonflikt kennt er aus eigener Anschauung, bereits 1967 hat er über den Sechstagekrieg berichtet. Wie immer beim Organisieren seiner Flüge ist es Crisolli mulmig zumute, zumal er keine zwei Jahre zuvor, am 13. Juni 1968, tatsächlich abgestürzt ist. Beim Anflug auf den Flughafen von Kalkutta flog die Boeing 707 der Pan Am zu tief, touchierte vor der Landebahn einen Baum und geriet ins Trudeln. Beim Aufprall kamen sechs der 63 Insassen ums Leben, Crisolli kam mit dem Schrecken davon.
1967 berichtete Crisolli vom Sechstagekrieg im Nahen Osten.
Neben der Flugangst ist bei ihm seither die Angst vor einem Terroranschlag hinzugekommen. Bewaffnete palästinensische Kommandogruppen haben zuletzt immer wieder versucht, Flugzeuge in ihre Gewalt zu bringen, insbesondere solche der israelischen Fluggesellschaft El Al. Crisolli weist das Reisebüro deshalb an, für den Flug von Zürich nach Tel Aviv am 21. Februar 1970 nicht wie vorgesehen El Al zu buchen, sondern Swissair – das scheint ihm sicherer zu sein.
Ein Vorfall wenige Tage vor seinem Flug bestärkt ihn in seinem Entscheid. Auf dem Flughafen München-Riem versucht am 10. Februar 1970 ein palästinensisches Überfallkommando, ein Passagierflugzeug der El Al während der Zwischenlandung zu kapern. Der kampferprobte israelische Pilot setzt sich zur Wehr. Bei den folgenden Kampfhandlungen wird ein Passagier getötet, weitere Personen werden durch einen Sprengsatz schwer verletzt.
Schliesslich können die drei palästinensischen Attentäter von der Polizei überwältigt und festgenommen werden. Etwas mehr als ein halbes Jahr später steht das Trio im Fokus der Weltöffentlichkeit: Es gehört zu jenen Gefangenen, die im September 1970 im Rahmen der konzertierten Entführung mehrerer Flugzeuge nach Zerqa (Jordanien) von den palästinensischen Geiselnehmern freigepresst werden. Gemeinsam mit den drei Attentätern von München werden drei palästinensische Gefangene aus der Schweiz sowie die Luftpiratin Leila Khaled nach Kairo ausgeflogen.
Der Überfall am Flughafen München-Riem blieb nicht der einzige Terrorakt in der bayrischen Hauptstadt, der sich gezielt gegen Juden und Israeli richtete. Die örtliche und die zeitliche Dichte der Attentate vor dem Olympia-Attentat von München 1972 hat der Filmemacher Georg M. Hafner – ein Neffe Crisollis – in einer eindrücklichen Dokumentation aufgearbeitet.
Bereits am 13. Februar 1970 folgt ein grausamer Brandanschlag auf ein israelitisches Gemeindezentrum. Sieben Personen werden in den Flammen getötet, unter ihnen auch Holocaust-Überlebende. Es ist der schlimmste Angriff in Deutschland gegen Juden seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, die Täterschaft wird nie gefasst.
Kein Hehl aus ihrer antiisraelischen Gesinnung macht in jenen Tagen eine gewaltbereite Gruppe, die sich «Tupamaros» oder «Hasch-Rebellen» nennt. Der Anführer heisst Dieter Kunzelmann. Im Herbst 1969 ist die Gruppe nach Jordanien gereist, um sich von Vertretern der PLO im Guerillakampf und im Bombenbau ausbilden zu lassen. In Jordanien trifft Kunzelmann mehrmals Farouk Kaddoumi – den späteren Aussenbeauftragten der PLO. Dieser ist ein Cousin von Sufian Kaddoumi, dem mutmasslichen Hauptverantwortlichen für den Bombenanschlag auf die Swissair.
Am späten Vormittag des 20. Februar 1970 bringt Sufian Kaddoumi vermutlich das Paket mit der präparierten Bombe in München zur Post, versehen mit einer fiktiven Adresse in Jerusalem. Weil die El Al ihren Linienflug umgeleitet hat, gelangt die Paketbombe aber nicht wie beabsichtigt ins Flugzeug der israelischen Fluggesellschaft, sondern in jenes der Swissair. Tags darauf reisst die Bombe in Würenlingen auch den ZDF-Reporter Rudolf Crisolli in den Tod.
Georg M. Hafner, «München 1970 – als der Terror zu uns kam», Dokumentarfilm, 90 Minuten, ARD-Mediathek.
Israels Botschafter an Gedenkfeier in Würenlingen
-yr. · Am Freitag findet in Würenlingen ein privater Gedenkanlass zum Flugzeugabsturz vom 21. Februar 1970 statt: Alle 47 Insassen einer Convair Coronado der Swissair stürzten hier ab in den Tod, nachdem auf dem Flug von Zürich nach Tel Aviv im Frachtraum eine Bombe explodiert und Feuer
18. Februar 2020
Morgen, am 19. Februar 2020, wird eine Gedenkveranstaltung am Ort des Geschehens des Flugzeugabsturzes von Würenlingen durchgeführt. Es gibt in der Zwischenzeit immer mehr Hinweise, wer der Urheber dieses blutigen Attentates war und wie die Schweizer Politiker damit umgingen.
Lesen Sie den folgenden, heutigen Artikel in der NZZ:
NZZ Online – 18. Februar 2020 05:30
Ging dem Anschlag auf die Swissair ein Missverständnis zweier Geheimdienste voraus?
50 Jahre nach dem Absturz in Würenlingen tauchen aus den USA brisante Hinweise auf.
Marcel Gyr, Marc Tribelhorn
Bei regnerischem Wetter hebt am 21.?Februar 1970 um 13 Uhr 14 eine Coronado der Swissair vom Flughafen Zürich ab. Das Ziel des Flugs ist Tel Aviv. Doch sieben Minuten nach dem Start meldet die Besatzung plötzlich Probleme mit dem Kabinendruck, sie vermutet eine Explosion im Frachtraum. Flugkapitän Karl Berlinger, ein Routinier der Lüfte, entscheidet, nach Zürich umzukehren. Wegen der Rauchentwicklung im Cockpit hat er aber bald keine Sicht mehr auf die Instrumente. Das Flugzeug kommt vom Kurs ab, und als es aus der Wolkendecke schiesst, setzt Pilot Berlinger um 13 Uhr 33 jenen tränenerstickten Funkspruch ab, der bis heute nachhallt: «We are crashing – goodbye everybody – goodbye everybody.»
Im Sturzflug und mit 770 Kilometern pro Stunde donnert die SwissairMaschine in ein Waldstück im aargauischen Würenlingen, nur wenige hundert Meter vom Kernkraftwerk Beznau entfernt. Dreissig Tonnen Kerosin lösen beim Aufprall einen Feuerball aus – die Menschen an Bord haben keine Chance. Neun Besatzungsmitglieder und 38 Passagiere kommen ums Leben.
Den herbeieilenden Rettungskräften zeigt sich ein Bild des Grauens: Auf der riesigen Schneise, die das Flugzeug in den Wald geschlagen hat, liegen Leichen- und Trümmerteile. Die Welt blickt geschockt auf die Eidgenossenschaft. Nur Stunden später berichtet die NZZ in einem Extrablatt bereits von einem «Sabotageverdacht». Dieser sollte sich alsbald bewahrheiten: Zum Anschlag bekennt sich eine radikale Splittergruppe der palästinensischen Volksbefreiungsfront (PFLP-GC).
50 Jahre sind seither vergangen. Bis heute ist «Würenlingen» der schlimmste Terrorakt der Schweizer Geschichte – Mord in 47 Fällen. Doch das Verbrechen bleibt ungesühnt, wichtige Fragen bleiben unbeantwortet: Wer war für die Sabotage in Form einer Paketbombe verantwortlich? War die Schweiz bloss ein Zufallsopfer? Weshalb wurden die schon bald identifizierten, dringend tatverdächtigen Palästinenser nie zur Rechenschaft gezogen – sondern, wie im Fall zweier mutmasslicher Gehilfen, von den deutschen Behörden sogar wieder auf freien Fuss gesetzt? Schliesslich: Können neue Recherchen der NZZ in amerikanischen Geheimdienstkreisen die offenen Fragen beantworten?
Wer sich in der verzwickten Causa Würenlingen einen Reim machen will, reist am besten nach Hamburg. Dort, im vornehmen Viertel Harvestehude, arbeitet der Politikwissenschafter Wolfgang Kraushaar. Mit profunden Studien zur 68er-Bewegung, zur RAF und zum palästinensischen Terrorismus hat sich Kraushaar einen Namen gemacht. Der 71-Jährige empfängt uns in einem schmucken Klinkerbau, wo er im Auftrag der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur auch im Pensionsalter weiter forscht. Sein Archiv über soziale Bewegungen ist legendär, der schlohweisse Kraushaar eine wandelnde Enzyklopädie. Namen, Daten und Ereignisse ruft er blitzschnell ab, was ihm meist den Gang zu seinen Zettelkatalogen erspart.
In der Schweiz ist die Debatte um den Flugzeugabsturz bei Würenlingen in den vergangenen 50 Jahren immer wieder aufgeflammt. Die Schwere und die Tragik des Anschlags bewegen die Öffentlichkeit bis heute. Für Irritation sorgt vor allem die Tatsache, dass nie jemand für das Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wurde. Es gab zwar eindeutige Hinweise, dass sich die beiden mutmasslichen Haupttäter (Sufian Kaddoumi und Musa Jawher) nach ihrer Flucht in Jordanien aufhielten. Doch die Fahndungs- und Rechtshilfebemühungen der Strafverfolgungsbehörden blieben erfolglos.
Auch eine ausgesetzte Belohnung führte nicht zur Ergreifung der beiden Palästinenser. Jahre später berichtete Ernst Sulser, der 1970 für die Ermittlungen der Kantonspolizei Zürich verantwortlich gewesen war, dass die israelische Polizei ihm mitgeteilt habe, sie wisse, wo sich Sufian Kaddoumi aufhalte. Sie sei «jederzeit bereit, ihn für uns aus Jordanien zu holen». Der damalige Bundesanwalt, so Sulser, habe aber keine «solche Rechtshilfe» gewollt.
1995 veranlassten Medienberichte zum 25.?Gedenktag die amtierende Bundesanwältin Carla Del Ponte, den Fall wieder aufzunehmen. Sie erklärte, die Tat sei «unverjährbar», und erneuerte den internationalen Haftbefehl gegen die beiden mutmasslichen Täter. Doch auch Del Pontes Intervention brachte keinen Durchbruch, die Bundesanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren im Jahr 2000 ein.
Die Veröffentlichung des Buchs «Schweizer Terrorjahre» brachte 2016 noch einmal Bewegung in die Sache. Aufgeworfen wurde darin die Frage, ob die Schweizer Behörden durch ein Geheimabkommen mit der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) möglicherweise auch Straffreiheit für die Attentäter von Würenlingen zugesichert hatten. Zwei daraufhin eingesetzte Untersuchungsbehörden kamen jedoch beide zum Schluss, dass es keine Hinweise auf eine politisch motivierte Behinderung der Strafuntersuchung gegeben habe. Im Sommer 2018 schliesslich erliess Bundesanwalt Michael Lauber, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, eine «Nichtanhandnahme- und Nichtwiederaufnahmeverfügung» – zuvor hatte der langjährige Gemeindeammann von Würenlingen um eine erneute Aufnahme des Strafverfahrens ersucht.
Im Einklang mit den zwei Untersuchungsbehörden kam Lauber zum Schluss, es fänden sich keine Hinweise, dass «sachfremde Motive» Einfluss auf den korrekten Gang der Strafuntersuchung gehabt haben könnten. Auf merkwürdige Vorgänge in den damaligen Ermittlungen ging Lauber in seiner Verfügung nicht ein. So bleibt es bis heute unerklärlich, wieso zwei dringend tatverdächtige Gehilfen des Attentats bereits im Juni 1970 aus Deutschland abgeschoben wurden. Die Bundesanwaltschaft schrieb dazu lapidar, den deutschen und den schweizerischen Strafverfolgungsbehörden sei es nicht gelungen, «rechtsgenügliche Beweise für eine Mittäterschaft zu erbringen». Das schätzt Wolfgang Kraushaar anders ein.
Eine mögliche Erklärung für den seltsamen Vorgang bringen Recherchen der NZZ in amerikanischen Geheimdienstkreisen. So erklärt ein Informant, der viele Jahre für einen Dienst tätig war, in USArchiven gebe es stapelweise Akten zu «Würenlingen», die aber noch unter Verschluss seien. Gemäss seinen detaillierten Schilderungen liegt den zwei Bombenanschlägen eine tragische Kommunikationspanne zugrunde.
Daran beteiligt seien insbesondere der israelische Auslandgeheimdienst Mossad und der lokale Inlandgeheimdienst, das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hessen. Das würde erklären, wieso die deutschen Behörden nicht das Risiko eines Straf- und Gerichtsverfahrens eingehen wollten: Damit hätten sie riskiert, dass die verhängnisvolle Panne ans Tageslicht kommt.
Wie der amerikanische Insider im mehrstündigen Gespräch mit der NZZ erläuterte, habe der Mossad die palästinensische Terrorzelle um Sufian Kaddoumi in Frankfurt auf ihrem Radar gehabt. Einzelne Mitglieder der Zelle hätten während ihres Aufenthalts in Deutschland häufig mit ihren Familien zu Hause telefoniert. Diese Telefongespräche soll der Mossad abgehört und so von den Anschlagsplänen erfahren haben.
Aufgrund dieser Geheimdienstinformation ergriffen die israelischen Sicherheitsbehörden die bekannten Massnahmen, mit denen sie die Flugzeuge der El Al aus dem «Schussfeld» nahmen: die Umleitung des Fluges in München und die vorübergehende Nichtannahme von Paketpost in Frankfurt.
Wie der Insider weiter festhält, gaben die israelischen Behörden die «intelligence» auch nach Deutschland weiter. Diesbezüglich gibt es eine gewisse Unschärfe: Partnerdienst und somit direkter Ansprechpartner für den Mossad ist in der Regel der Bundesnachrichtendienst (BND), der deutsche Auslandgeheimdienst. Involviert war möglicherweise aber auch der Inlandgeheimdienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Laut Angaben des Insiders steht aber fest, dass die Information aus Israel zum Schluss an das LfV Hessen gelangt sei. Dieses ist für Vorgänge in Frankfurt zuständig.
Doch in der Folge wurden offenbar weder die vier Mitglieder der Terrorzelle festgenommen, noch wurden die zwei präparierten Paketbomben konfisziert und unschädlich gemacht. Der Insider spricht von einem fatalen Missverständnis. Über die Hintergründe dieser verhängnisvollen Kommunikationspanne kann nur spekuliert werden. Eine mögliche Erklärung wäre, dass man in Deutschland, im Gegensatz zu Israel, damals zu wenig sensibilisiert war für Terroranschläge und man dem Hinweis deshalb zu wenig Beachtung schenkte.
Auch die Frage zur möglichen Verantwortung ist aufgrund der dünnen Quellenlage vorläufig nicht zu klären. In die Weitergabe der hochsensitiven «intelligence» waren offensichtlich verschiedene Geheimdienste in Israel und in Deutschland involviert. Im Fokus steht in erster Linie das LfV Hessen. Doch die anderen involvierten Dienste tragen mindestens eine Mitverantwortung. In einem Punkt waren sich laut Insider alle Beteiligten einig: Angesichts der Tragödie, die 47 Menschen das Leben kostete, sei es unmöglich gewesen, die Kommunikationspanne offenzulegen.
Ohne von diesen Vorgängen zu wissen, hatte Robert Akeret bereits Ende 2014 gegenüber der NZZ gesagt, über den Fall Würenlingen sei «ein Mantel des Schweigens» ausgebreitet worden. Als Angehöriger der Bezirksanwaltschaft Bülach hatte Akeret 1970, im Auftrag der Bundesanwaltschaft, den Flugzeugabsturz der Swissair untersucht. Bereits wenige Monate später schloss er die Untersuchung ab und übergab den Bericht persönlich dem damaligen Bundesanwalt – Hans Walder. Danach hat Akeret nichts mehr aus Bern gehört. Für ihn blieb es stets unerklärlich, wieso das Verfahren nicht weiter vorangetrieben worden ist. «Da müssen auf höchster Ebene Dinge passiert sein, die ich nicht durchschaue», sagte er damals wörtlich im Interview mit der NZZ.
Die Schweiz hatte in den 1970er Jahren noch keinen eigenständigen Nachrichtendienst. Geheimdienstliche Aufgaben nahm die Bundespolizei wahr, die damals in die Bundesanwaltschaft integriert war. Wie weit die Schweiz im Fall «Würenlingen» an einer allfälligen Absprache der deutschen und der israelischen Geheimdienste involviert war, ist ungewiss. Dokumentiert ist zumindest, dass die Abschiebung der zwei tatverdächtigen Gehilfen in Deutschland im Sommer 1970 in Absprache mit der Schweizer Bundesanwaltschaft erfolgte – gegen den Willen der Ermittler vor Ort.
Akerets engster Mitarbeiter, der inzwischen verstorbene Ernst Sulser von der Kantonspolizei Zürich, beschwerte sich bei der Bundesanwaltschaft noch viele Jahre später über die für ihn unerklärliche Abschiebung. Dadurch blieb Sulser eine persönliche Befragung der mutmasslichen Gehilfen verwehrt.
Die neuen Informationen aus den USA sind ebenso brisant wie stimmig. Sie zu verifizieren, ist allerdings schwierig. Die involvierten Amtsstellen in Deutschland verweisen allesamt auf die Aufbewahrungsfrist von dreissig Jahren. Allfällige Dokumente befänden sich längst nicht mehr in den jeweiligen Archiven, sondern hätten dem Bundesarchiv übergeben werden müssen.
Auf Anfrage der NZZ antwortet das Bundesarchiv in Koblenz in schriftlicher Form wie folgt: «Für Ihre Fragen kämen möglicherweise zwei Akten in Betracht. Allerdings sind diese als Verschlusssachen eingestuft, und die Einstufung wurde zudem verlängert. Daher ist nicht damit zu rechnen, dass in nächster Zeit eine Deklassifizierung zum Zwecke der Einsichtnahme erfolgt.»
Auf Nachfrage präzisiert das deutsche Bundesarchiv, es handle sich um Akten des Bundeskanzleramtes, die Verlängerung der Verschlussakten sei Anfang 2017 erfolgt. Auch die israelische Seite hält sich in der Sache bedeckt. Israels Botschaft in Bern richtet aus: «Die Anfrage betrifft Informationen über israelische Geheimdienste. Das sind Informationen, zu denen wir keinen Zugang haben und die wir nicht weitergeben dürfen.»
Für den Terrorismusexperten Wolfgang Kraushaar sind die Hinweise aus den USA eine interessante neue Spur: «Die These, dass es ein Missverständnis zwischen zwei Geheimdiensten gegeben habe, ist anschlussfähig an meine eigenen Recherchen. Sie wäre eine plausible Erklärung für eine Leerstelle meiner Forschung. Mit ihr würde eine Antwort auf die Frage gegeben werden können, wieso die Israeli von den geplanten Anschlägen offenbar gewusst, aber ihre europäischen Partner nicht davon informiert haben.
Ein Fragezeichen bleibt für Kraushaar allerdings stehen: wieso die beteiligten Geheimdienste nach der Notlandung der Maschine der Austrian Airlines in Frankfurt an jenem 21.?Februar 1970 keine generelle Warnung an andere Fluggesellschaften erteilten, obwohl noch rund zwei Stunden Zeit gewesen wäre. «So hätte der fatale Start der Swissair-Coronado in Zürich vielleicht doch noch in letzter Minute verhindert werden können.»
Blick – 19. Februar 2020 Ausgaben-Nr. 41, Seite: a10
Warum stoppten die Geheimdienste die Attentäter nicht?
JOHANNES HILLIG , FLAVIO RAZZINO
Auf dem Flug nach Tel Aviv (Israel) explodiert am 21. Februar 1970 an Bord einer Swissair-Maschine eine Bombe. Über Würenlingen AG stürzt der Flieger ab. Niemand überlebt. 47 Menschen sterben. Der erste Terroranschlag auf ein ziviles Flugzeug, der erste Anschlag auf Schweizer Boden. Doch: Für das Verbrechen kam niemand vor Gericht. Niemand wurde bestraft. Die zwei mutmasslichen palästinensischen Täter, Sufian Kaddoumi und Musa Jawher, kamen davon.
Seit dem Drama sind 50 Jahre vergangen. Bis heute sind die genauen Hintergründe nicht restlos geklärt. Genau wie die Frage, ob das Drama hätte verhindert werden können. Nun bricht ein Ex-Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdiensts sein Schweigen. In der «NZZ» behauptet er: Der Anschlag hätte verhindert werden können.
Denn der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad hatte die palästinensische Terrorzelle im Visier – auch die Attentäter von Würenlingen AG. Alle Infos wurden auch an die Deutschen weitergegeben – sogar die Anschlagspläne. Die Terroristen wollten nämlich auch eine Paketbombe an Bord einer Austrian-AirlinesMaschine von Frankfurt am Main (D) nach Wien (A) deponieren.
Vom Mossad zu den Deutschen kam es wohl zur Kommunikationspanne. Denn die Informationen gelangten nicht wie üblich an den Bundesnachrichtendienst, sondern an das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen. Wie genau, ist kaum nachzuvollziehen. Fakt ist nur: Trotz der brisanten Infos geschah nichts. Niemand wurde festgenommen, die Paketbomben nicht aus dem Verkehr gezogen.
Inwiefern die Schweiz von den Anschlagsplänen hätte wissen können, ist unklar. Fakt ist: Damals hatte die Schweiz keinen eigenen Nachrichtendienst. Aufschluss könnten weitere Akten liefern. Diese verstauben laut dem «NZZ»-Informanten in US-Archiven, sind unter Verschluss.
Auch in Deutschland liegen noch zwei Akten, die Licht ins Dunkel bringen könnten. Auch diese sind nicht einsehbar, wie das Bundesarchiv auf Anfrage der «NZZ» mitteilte. Seltsam: Anfang 2017 wurde sogar der Zeitraum für die Geheimhaltung verlängert. Spekulieren die Behörden darauf, dass Gras über das Ganze wächst?
Auch Kurt Wälle (79) aus Dietlikon ZH erinnert sich mit Schrecken an den Absturz. Er war als Fluglotse im Dienst und musste die letzten Worte der Swissair-Crew mit anhören: «Ich war an diesem Tag im Radarraum, habe den Abflug der Swissair übernommen und sprach mit dem Piloten, bis er über Brunnen SZ war. Plötzlich meldete sich der Pilot, dass er zurückmüsse, weil er Feuer an Bord hatte.» Am Anfang habe er noch gehofft, dass sie normal landen könnten. «Doch dann, als das Flugzeug über Baden war, wurde es kritisch. Der Pilot meldete mir, dass er Rauch im Cockpit habe – bald darauf kam das ‹Goodbye everybody› des Copiloten. Das ging mir schon extrem nahe», so Wälle weiter. Er habe als Fluglotse viele Tragödien erlebt, aber der Anschlag auf die Swissair-Maschine sei der schwierigste Moment gewesen.
Auch er hadert, dass das Wissen über das, was wirklich geschah, wohl nie ganz ans Tageslicht kommen werde. Aufschluss würden nur die Geheimakten liefern. Doch die Behörden stellen sich quer.
Ein Flugzeug des Typs Convair 990 Coronado wurde von palästinensischen Terroristen zum Absturz gebracht.
Seit 1971 erinnert ein Gedenkstein in der Nähe der Absturzstelle an die Toten des Bombenattentats.
Trümmerteile liegen nach dem Absturz verstreut im Wald von Würenlingen.
Kurt Wälle aus Dietlikon hatte als Fluglotse bis zuletzt Kontakt zur Swissair-Crew an Bord des abgestürzten Flugzeugs.
Die Maschine stürzte in Würenlingen in einem Wald ab und riss dabei eine 100 Meter lange Schneise.
Aargauer Zeitung / MLZ / Fernausgabe – 19. Februar 2020 Ausgaben-Nr. 41, Seite: 21afhp
Aarau
Hätte der Absturz in letzter Minute verhindert werden können?
Mit 770 Stundenkilometern raste die Coronado im Sturzflug in den Wald bei Würenlingen. Der Terroranschlag vom Februar 1970 forderte 47 Menschenleben. 38 Passagiere – unter anderem aus Israel, Deutschland und den USA – sowie die neunköpfige Besatzung der Swissair-Maschine fanden einen grauenhaften Tod. «Die Zerstörungskraft der Explosion war derart stark, dass später keine einzige Person identifiziert werden konnte», heisst es in einem Bericht der Bundespolizei an Interpol.
Trotzdem wurden die Mörder nie zur Rechenschaft gezogen. Obwohl die Polizei die Schuldigen bald ausfindig machte: Die Jordanier Sufian Kaddoumi und Mousa Jawher sollen das Bombenpaket in München aufgegeben haben. Eine weitere Bombe explodierte zwei Stunden vor dem Absturz der Swissair in einer Maschine der Austrian Airlines, die noch rechtzeitig in Frankfurt notlanden konnte. Gegen die Jordanier und weitere Komplizen gab es Haftbefehle. Doch am Ende wurden alle Verdächtigen freigelassen.
Die «NZZ»-Journalisten Marcel Gyr (der Wettinger ist Autor des Buchs «Schweizer Terrorjahre») und Marc Tribelhorn sind anlässlich des 50. Jahrestags der Katastrophe neuen Spuren nachgegangen. Wie sie in der «NZZ» von gestern schreiben, hätte der Absturz vermutlich verhindert werden können. Der Politikwissenschafter Wolfgang Kraushaar aus Hamburg gehört zu den belesensten Wissenschaftlern in Sachen palästinensischer Terror. Im Interview mit der «NZZ» antwortete Kraushaar auf die Frage, ob die Passagiere der Swissair Zufallsopfer waren: «Ja, genau so wie jene der Austrian Airlines.» Die Attentäter seien davon ausgegangen, dass die Bomben in den Frachträumen zweier israelischer El-Al-Maschinen detonieren würden, die an jenem Tag von München und von Frankfurt nach Tel Aviv fliegen sollten. «Durch seltsame Gegebenheiten ging dieser Plan nicht auf: Am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen verweigerte die El Al just an jenem Tag die Annahme von Paketpost. Und in München fiel der El-AlLinienflug gleich ganz aus», so Kraushaar. Das Bombenpaket wurde über Kloten umgeleitet.
Besonders frappant: Ein amerikanischer Geheimdienst-Insider glaubt, dass der israelische Auslandgeheimdienst Mossad von den Bomben wusste und die Beladung der El-Al-Flugzeuge verhinderte. Hätten die Geheimdienste besser zusammengearbeitet und wären alle Fluggesellschaften nach der Detonation in der Austrian Airlines rechtzeitig gewarnt worden, hätte der Absturz von Würenlingen verhindert werden können. «Ein fatales Missverständnis», so die These. Auch wenn Bundesanwalt Lauber den Fall 2018 ad acta gelegt hat: Der «Fall Würenlingen» ist wohl noch längst nicht abgeschlossen. (af.)
Ein Bild des Grauens: Aufräumarbeiten nach dem Absturz. Bild: zvg/Walter Bösiger
14. Februar 2020
Das Attentat auf eine SWISSAIR-Maschine 1970 von Zürich nach Tel Aviv ist bis heute nicht gesühnt. Es gibt offensichtlich einige Hinweise, die darauf hindeuten, dass auf eidgenössischer Seite einiges vertuscht wurde. Muss davon ausgegangen werden, dass die Schweizer Regierung willentlich die Aufklärung dieses Gewaltverbrechens unterschlug, oder muss sogar davon ausgegangen werden, dass die damalige Regierung unter BR Graber mit der involvierten palästinensischen Terrororganisation zusammenarbeitete?
Hinweis: Gedenkanlass zum 50. Jahrestag des Flugzeugabsturzes in Würenlingen am 21. Februar 2020 um 13.15 Uhr beim Gedenkstein an der Absturzstelle Unterwald in Würenlingen AG. Mit Beteiligung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich sowie der katholischen und reformierten Kirche.
Der BEOBACHTER geht in der heutigen Ausgabe darauf ein:
Beobachter – 14. Februar 2020 Ausgaben-Nr. 4, Seite: 46
«Ich will endlich wissen, was passiert ist»
TERROR. Die Behörden sollen ihre Archive öffnen, fordert Ruedi Berlinger. Sein Vater war Pilot der Swissair-Maschine, die vor 50 Jahren über Würenlingen AG explodierte.
Es ist der grösste Terroranschlag, der je in der Schweiz verübt wurde. Vor 50 Jahren, am 21. Februar 1970, starben 47 Menschen beim Absturz einer Swissair Coronado. Kurz nach dem Start explodierte im Gepäckraum eine Bombe, ausgelöst durch einen Höhenmesser. Um 13.34 Uhr zerschellte die Maschine bei Würenlingen AG im Wald.
Innerhalb kurzer Zeit eruierten die Ermittler zwei mutmassliche Haupttäter: die beiden in Jordanien lebenden Palästinenser Sufian Radi Kaddoumi und Badawi Mousa Jawher. Gefasst wurden sie nie. Kaddoumi bestritt später in einem Radiointerview, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Die Ermittler gingen davon aus, dass die Bombe in einem Paket in München aufgegeben worden war, Zielort war Tel Aviv.
Der Fall kam nie vor Gericht, die Akten verschwanden im Archiv. Vor allem Angehörige der Opfer sorgen seither dafür, dass der Anschlag nicht in Vergessenheit gerät. Der Beobachter erstritt sich mehrfach juristisch den Zugang zu Dokumenten im Bundesarchiv – und wies auf Ungereimtheiten hin. So ignorierte die Bundesanwaltschaft jahrelang Hinweise, dass der palästinensische Bombenbauer Marwan Khreesat, der auch für mehrere Geheimdienste arbeitete, seine Finger im Spiel gehabt haben könnte.
2016 stiessen Beobachter und NZZ auf einen unbekannten Bericht der amerikanischen Bundespolizei FBI vom Juni 1970. Demnach waren am Anschlag wohl auch zwei nie identifizierte Westdeutsche beteiligt. Zudem wurde das Paket mit der Bombe womöglich in Zürich aufgegeben.
Das warf Fragen auf, die bis heute nicht beantwortet sind. Wussten Israel und die USA vom bevorstehenden Anschlag? Wenn ja, warum wurden die Airlines nicht informiert? Trotz neuer Faktenlage entschied Bundesanwalt Michael Lauber 2018, das Verfahren nicht wieder aufzunehmen. Das FBI-Dokument sei eine «unbelegte Behauptung».
Bis heute schweigt die Familie des mutmasslichen Attentäters Sufian Kaddoumi, mehrere Kontaktversuche blieben in den letzten Jahren erfolglos. Sufian Kaddoumi lebte bis zu seinem Tod Mitte der neunziger Jahre unbehelligt in Jordanien und Jerusalem. OTTO HOSTETTLER
Die Uniform des Piloten Karl Berlinger. 47 Menschen starben bei dem Terroranschlag in Würenlingen AG.
«Gab es geheime Absprachen, wurde der Fall deshalb schubladisiert?»
Ruedi Berlinger, Sohn des Piloten
Ihr Vater Karl Berlinger war Pilot der Swissair Coronado, die vor 50 Jahren bei Würenlingen abstürzte. Was empfinden Sie heute?
Ruedi Berlinger: Ich warte noch immer auf Antworten. Warum wurden die Hintergründe nicht restlos aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen? Weshalb ist diese Tragödie einfach in den Schubladen verschwunden? Immer wenn es neue Hinweise gab, sorgten die Behörden dafür, dass der Fall schnell wieder vergessen ging. Man kann das auch Vertuschung nennen.
Vor zwei Jahren erklärte Bundesanwalt Michael Lauber, die Behörden hätten alles versucht.
Das kann ich nicht glauben. Der Beobachter und die NZZ berichteten über ein Dokument des FBI vom Juni 1970. Danach waren wohl zwei weitere Personen in den Anschlag involviert, die Bombe wurde erst in Zürich auf die Post gebracht. Das waren ganz neue Hinweise, aber denen ging man nicht nach. Das ist unverständlich. Hinzu kommt: Wir Hinterbliebenen wurden 50 Jahre lang ignoriert.
Heute dürfte es wohl unmöglich sein, die Täter noch vor Gericht zu bringen.
Ich will auch keinen Schuldigen sehen. Ich will wissen, weshalb die Behörden seit 50 Jahren schweigen.
Was haben Sie für Erinnerungen an den Tag des Absturzes?
Ich kann mich gut an diesen Tag erinnern. Ich war acht, wir hatten Besuch von Nachbarn. Mit meinen drei Geschwistern war ich im Wohnzimmer, als meine Mutter uns mitteilte, der Vater komme nicht mehr nach Hause. Ich realisierte gar nicht, was das bedeutet.
Wie ging ihre Familie mit der Tragödie um?
Das Thema wurde totgeschwiegen. Wir sprachen nie mehr darüber. Das Leben musste weitergehen. Unsere Mutter sagte, sie wolle das Thema ruhen lassen. Das akzeptierte ich.
Wann wurde für Sie die Geschichte Ihres Vaters wieder ein Thema?
Nachdem meine Mutter 2010 gestorben war. Ich begann, mich vertieft mit den Hintergründen zu befassen, nahm alte Unterlagen hervor, recherchierte. Damals wurde es für mich offensichtlich: Da gibt es viele Unstimmigkeiten und offene Fragen.
50 Jahre nach dem Terroranschlag wollen die Behörden noch immer nicht darüber sprechen.
Wir Angehörigen werden bis heute nicht ernst genommen. Irgendwie fühle ich mich verloren. Indirekt gibt man uns zu verstehen: Was wollt ihr eigentlich noch nach 50 Jahren? Das ist doch kalter Kaffee. Für uns Angehörigen ist das aber nicht so.
Was brauchte es, damit Sie persönlich abschliessen können?
Ich will endlich wissen, was wirklich passiert ist. Gab es geheime Absprachen zwischen dem Bundesrat und den Palästinensern, wurde der Fall deshalb schubladisiert? Das Fazit der Arbeitsgruppe des Bundes – sie kam vor drei Jahren zum Schluss, es habe keine Absprachen gegeben – ist für mich wenig glaubwürdig. Wir wissen bis heute nicht, ob alle Dokumente öffentlich gemacht wurden. Oder nur diejenigen, bei denen Angehörige und Journalisten Einsicht verlangten? Die Schweiz, Deutschland, Israel und die USA müssen endlich ihre Archive öffnen. Sie sollen die restlichen, noch unveröffentlichten Berichte und Dokumente auf den Tisch legen.
Den Gedenkanlass zum 50. Jahrestag organisieren Sie privat. Die offizielle Schweiz schweigt.
Das ist typisch. Die Schweiz müsste endlich dazu stehen, was passiert ist, und zugeben, dass die Behörden Fehler gemacht haben. Die Haltung der Schweiz zeigt sich schon beim Gedenkstein an der Absturzstelle bei Würenlingen. Dieser Platz wird nicht einmal gepflegt. Hätte nicht die Gemeinde vor zehn Jahren den Stein gereinigt, wäre gar nichts passiert. Heute hat offensichtlich niemand der offiziellen Schweiz mehr ein Interesse, an diese Tragödie zu erinnern. Es ist ein aktives Stillschweigen. INTERVIEW: OTTO HOSTETTLER
Hinweis: Gedenkanlass zum 50. Jahrestag des Flugzeugabsturzes in Würenlingen am 21. Februar 2020 um 13.15 Uhr beim Gedenkstein an der Absturzstelle Unterwald in Würenlingen AG. Mit Beteiligung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich sowie der katholischen und reformierten Kirche.
6. September 2019
Anwalt der arabischen Attentäter
Vor 50 Jahren fand der Prozess gegen die Urheber des Angriffs auf ein El-Al-Flugzeug statt. Der Anwalt Robert Treadwell, der die arabischen Terroristen verteidigte, lebt noch heute – in der Forch. Marcel Gyr hat diesen Mann – er ist inzwischen 90jährig und noch immer regelmässig in seinem Büro anzutreffen - besucht.
Lesen Sie den NZZ-Artikel vom 6. September 2019
Robert Treadwell: Anwalt der arabischen Attentäter
Vor exakt fünfzig Jahren wurde die Schweiz unfreiwillig auf die Weltbühne katapultiert: Als erstes westliches Land führte sie ein Strafverfahren gegen palästinensische Terroristen durch. Der Zürcher Rechtsanwalt Robert Treadwell war Anwalt der Attentäter von Kloten. Erstmals gibt er Einblick in den turbulenten Sommer 1969.
Marcel Gyr 6.9.2019, 05:30 Uhr
Ob er noch regelmässig in seinem Büro anzutreffen sei, will der Reporter von Robert Treadwell wissen. «Regelmässig?», fragt der 90-jährige Rechtsanwalt zurück, um sogleich energisch zu präzisieren: «Jeden Tag!» Zu tun gibt ihm insbesondere eine gemeinnützige Stiftung, die er ehrenamtlich präsidiert. Zum Glück sei auch seine langjährige Sekretärin wieder an Bord, fährt er freudestrahlend fort. Eines Tages sei sie vor der Tür gestanden und habe gefragt, ob sie wieder für ihn arbeiten dürfe – viele Jahre nach ihrer offiziellen Pensionierung.
«Frau Fuchs», wie Herr Treadwell seine Sekretärin auch nach jahrzehntelanger Zusammenarbeit siezt, serviert derweil Kaffee. Das Anwaltsbüro befindet sich auf der Forch in einer ehemaligen Schmiede aus dem 18. Jahrhundert, entlang der früheren Handelsroute von der Stadt Zürich ins Zürcher Oberland. Neben dem Anwaltspatent aus dem Jahr 1958 zieren die Wände allerlei Kunstgegenstände, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben. In den Wandschränken bewahrt Treadwell fein säuberlich die Akten seiner langen Anwaltstätigkeit auf – besonders umfangreich ist das Dossier «Attentat El Al 1969».
Am 18. Februar 1969 hatten drei Araber und eine Araberin, wie sie in der damaligen Berichterstattung bezeichnet wurden, auf dem Flughafen Zürich eine Maschine der israelischen Fluggesellschaft beschossen. Der Pilot erlitt tödliche Verletzungen, einer der vier Attentäter wurde von einem israelischen Sicherheitsmann erschossen.
Für das Mandat der drei überlebenden Attentäter war Treadwell angefragt worden. Dank seinen Sprachkenntnissen und seiner militärischen Führungserfahrung als Generalstabsoffizier traute man dem Nachfahren amerikanischer Einwanderer zu, im zu erwartenden «Hexenkessel» zu bestehen. Das Mandat sollte dem erfahrenen Strafrechtler viel Unbill einbringen. Telefonanrufe zu jeder Tages- und Nachtzeit, Morddrohungen auch gegen seine Frau und seine Kinder gehörten alsbald zum Alltag. Die Stimmung in der Bevölkerung sei aufgeladen gewesen, erinnert sich Treadwell, der Nahostkonflikt sei unvermittelt über die Schweiz hereingebrochen. «Die Sympathien lagen mehrheitlich bei den Israeli, für viele war es absolut unverständlich, ‹solche Mörder› zu verteidigen.»
Seilziehen um einen Leichnam
Bereits die Beisetzung des getöteten Attentäters, Abdul Mehsen, führte zu einer heiklen Zerreissprobe: Die Behörden wollten den Leichnam routinemässig in Zürich beisetzen, was die Vertreter der arabischen Staaten als Affront empfanden. Für sie war Mehsen Märtyrer und Held, der die letzte Ruhe in seiner Heimat in einem Ehrengrab finden sollte. Allein die damalige Vereinigte Arabische Republik entsandte über ein Dutzend Diplomaten, Anwälte und Übersetzer in die Schweiz. Beim Toten handelte es sich um einen palästinensischen Flüchtling, der in einem Flüchtlingslager in Jordanien gelebt hatte. In Treadwells Büro, das sich damals noch in der Zürcher Innenstadt befand, stritten sich die Emissäre, welches arabische Land den Leichnam beanspruchen dürfe.
Einer der Attentäter, Abdul Mehsen, wurde am Tatort in Kloten von einem israelischen Sicherheitsmann erschossen. (Bild: Keystone)
In einem ersten Anlauf hätte die Leiche in die jordanische Hauptstadt Amman übergeführt werden sollen. Doch nach der Zwischenlandung in Amsterdam verweigerte Jordanien die Bewilligung für den Weiterflug – dummerweise hatte das haschemitische Königreich bereits tags zuvor eine Bestattung inszeniert, die später als «symbolisch» bezeichnet wurde. So schickte die niederländische Fluggesellschaft KLM den Leichnam Mehsens «wieder an den Absender zurück», wie sich die NZZ damals ausdrückte. An den Titel im «Blick» kann sich Treadwell auch über fünfzig Jahre später noch erinnern: «Schwupp – die Leiche ist wieder da.»
Auch wenn er bis dahin keine tieferen Einblicke in die arabische Welt gehabt hatte, verstand Treadwell sehr wohl, dass Mehsen in seiner palästinensischen Heimat als Freiheitskämpfer gefeiert wurde. Also setzte er sämtliche Hebel in Bewegung, um ein politisches und menschliches Desaster zu vermeiden. Es gelang ihm schliesslich, für den Sarg mit der Leiche einen Frachtschein bei der Swissair auszustellen.
So wurden die sterblichen Überreste des Attentäters, rund einen Monat nach seinem Tod, ein zweites Mal in ein Flugzeug verfrachtet und diesmal in den Irak übergeführt. Bei der Ankunft am Flughafen Bagdad hatten sich irakische Regierungsvertreter ebenso eingefunden wie Funktionäre der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), im Radio kündigte man eine «gewaltige Beisetzungszeremonie» an.
Offiziell war Treadwell vom arabischen Anwaltsverband mandatiert, doch die Fäden hinter den Kulissen zog ein Westschweizer: François Genoud. «Allpott» sei dieser in seinem Büro aufgetaucht, sagt Treadwell in seinem Zürcher Dialekt. Bei den häufigen Besuchen sei «der Mann aus Lausanne» zumeist von einem ganzen Tross arabischer Mitarbeiter begleitet gewesen. Den Namen «Genoud» nimmt Treadwell während des gesamten Gesprächs nicht in den Mund, er spricht stets vom «Mann aus Lausanne».
Ein bekennender Nazi zieht die Fäden
Wer dahintersteckte, wusste Treadwell zum damaligen Zeitpunkt nicht. Er erinnert sich an einen dominant auftretenden Mann, der sich alsbald zum Wortführer der arabischen Interessen aufgeschwungen habe. Welch illustre Figur Genoud war, drang in seinem ganzen Ausmass erst viel später an die Öffentlichkeit.
Wie ein roter Faden zieht sich der Name des Westschweizers durch die blutige Geschichte des palästinensischen Terrors in den 1970er und 1980er Jahren. Der bekennende Nazi und Hitler-Verehrer aus der Westschweiz war mit dem Grossmufti von Jerusalem ebenso befreundet wie mit Wadi Haddad, einem militanten Anführer der PFLP. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich Genoud die Urheberrechte an den Tagebüchern von Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels gesichert – damit wurde er reich. 1961 finanzierte er die Verteidigung des SS-Offiziers Adolf Eichmann, der in Jerusalem wegen seiner leitenden Stellung bei der Judenvernichtung zum Tode verurteilt wurde. Später griff Genoud auch dem «Topterroristen» «Carlos» und dem Schweizer Revolutionsromantiker Bruno Breguet unter die Arme.
Hat François Genoud auch die Verteidigung der Attentäter von Kloten bezahlt, worüber seit vielen Jahren spekuliert wird?
Treadwell wiegelt ab. Bestätigen könne er das nicht, er glaube sich aber zu erinnern, dass das Honorar für die Verteidigung aus Lausanne überwiesen worden sei. Es habe sich aber keineswegs um einen fürstlichen Betrag gehandelt, wie das manchenorts kolportiert worden sei. Ganz im Gegenteil, es sei um eine relativ bescheidene Pauschale gegangen, mit der für ihn und seinen Mitstreiter auch nicht annähernd die ganzen Umtriebe abgegolten worden seien.
Zu diesen Umtrieben gehörte die Publikation eines «livre blanc». Die Veröffentlichung des sogenannten Weissbuchs sorgte im Juli 1969 für einen Skandal. Sympathisanten der palästinensischen Bewegung hatten eine Kampfschrift zusammengestellt, die sie mit Ausschnitten aus Verhörprotokollen und anderen Aktenstücken der laufenden Untersuchung anreicherten.
Treadwell vermutet, dass Genoud bei der Veröffentlichung des «livre blanc» seine Hände im Spiel hatte. An einer Pressekonferenz in Lausanne traten Aktivisten auf und behaupteten frech, ein Mitarbeiter der Bezirksanwaltschaft Bülach habe ihnen die Unterlagen für 5000 Dollar verkauft.
Postwendend leitete die Staatsanwaltschaft Zürich ein Strafverfahren ein, wegen Verdachts der Amtsgeheimnisverletzung. Im Visier der Ermittler stand nicht nur die Bezirksanwaltschaft Bülach, sondern auch Rechtsanwalt Treadwell. Dieser ereifert sich bis heute über den Umstand, dass gleichzeitig mit seiner Einvernahme eine mutmasslich illegale Hausdurchsuchung in seiner Anwaltskanzlei vorgenommen wurde.
Was damals nicht bekannt war: Wegen der Veröffentlichung des «livre blanc» wurde neben der Zürcher Staatsanwaltschaft auch der damalige Geheimdienst tätig, die Bundespolizei. Ihr Verfahren konzentrierte sich auf einen Wegbegleiter Genouds, einen gewissen Fuad Shamali. Gegen ihn wurde wegen politischen Nachrichtendiensts ermittelt. Wie aus dessen Fiche hervorgeht, ordnete der Geheimdienst, als Folge der Weissbuch-Affäre, gegen Shamali eine Telefonüberwachung an.
Wegen des «livre blanc» wurden schliesslich weder Genoud noch Shamali belangt, doch die beiden kommen ein Jahr später wieder ins Spiel: Nach Erkenntnissen der NZZ sind sie 1970 an der Ausarbeitung eines mündlichen Stillhalteabkommens zwischen der Schweiz und der PLO beteiligt. Zuvor hatte der damalige Bundesanwalt die Einstellung von Shamalis Telefonüberwachung angeordnet – aber das ist eine andere Geschichte.
Für Treadwell hatte die Affäre um das Weissbuch weitreichende Folgen, der Kontakt zu seinen Klienten wurde ihm weitgehend unterbunden. In der sowieso schon aufgeheizten Stimmung goss der damalige Justizdirektor des Kantons Zürich, Arthur Bachmann, weiteres Öl ins Feuer. In einem Radiointerview diffamierte er die Verteidigung. Weil Treadwell und sein Mitstreiter Ausstandsbegehren gegen die ermittelnden Bezirksanwälte gestellt hatten, warf ihnen der Regierungsrat Obstruktion vor.
Das liess sich Treadwell nicht gefallen. Ein letztes Mal besuchte er im Gefängnis Amena Dahbor, die einzige der drei Angeklagten, mit der er sich ohne Dolmetscher auf Englisch unterhalten konnte. Als sie sich einverstanden erklärte, legte er das Mandat im September 1969 nieder, noch vor dem Prozess am Geschworenengericht.
Die Gerichtsverhandlung verfolgte Treadwell nur noch aus den Medien. Wegen vorsätzlicher Tötung wurden seine drei ehemaligen Mandanten zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Dass sie nicht lange im Gefängnis bleiben würden, lag für Treadwell in der Luft. Es habe ihn jedenfalls nicht überrascht, als Amena Dahbor und ihre zwei Kampfgenossen im September 1970 mit der Entführung einer Swissair-Maschine nach Zerqa freigepresst wurden. Verantwortlich für die aufwendig inszenierte Befreiungsaktion war übrigens Genouds palästinensischer Kampfgefährte Wadi Haddad.
Noch Jahre später erhielt Treadwell jeweils um die Weihnachtszeit Grusskarten von seinen früheren Klienten aus Palästina. Und die umfangreichen Akten, die bewahrt er bis heute in einem Wandschrank auf, in seinem Büro in der alten Schmiede auf der Forch, wo er noch immer täglich anzutreffen ist.
Mit der Royal Air Force in die Freiheit
16. Februar 2019
Im Februar 1969 – ich erinnere mich persönlich noch sehr gut an dieses Ereignis – wurde die anhin so friedliche Schweiz in den Strudel der Nahost-Kriegsereignisse hineingerissen: Am Flughafen Kloten wurde eine EL AL –Maschine beim Start von palästinensischen Terroristen angegriffen, ein (israelischer) Co-Pilot erlag dann später seinen schweren Verletzungen. Der israelische Sicherheitsbeamte, Mordechai Rachamim, der mitflog, reagierte blitzschnell, sprang aus der EL AL Maschine und erschoss einen der Attentäter. In der Folge kam dann die ganze Geschichte vor Gericht.
Es stellte sich die Frage, ob Mordechai Rachamim den Palästinenser erschossen hätte, als er bereits seine Waffen weggeworfen hätte. Das behaupteten Schweizer Feuerwehrmänner und Polizisten (die dann später dort erschienen!). Rachamim behauptete das Gegenteil. Er wurde dann freigesprochen, die Palästinenser verurteilt, später dann durch die Entführung einer SWISSAIR Maschine nach Zerqa freigepresst.
Die NZZ von heute geht auf dieses Ereignis von damals ein!
Der israelische Sicherheitsmann Mordechai Rachamim im Dezember 1969 bei der Rekonstruktion des Tathergangs auf dem Flughafen Kloten. (Bild: Keystone)
Attentat am Flughafen Zürich 1969: «Der dritte Mann behielt die Waffe in der Hand und wollte sich umdrehen, doch ich war schneller»
Vier Mitglieder einer palästinensischen Kommandogruppe attackieren am 18. Februar 1969 in Kloten ein israelisches Flugzeug. Der israelische Sicherheitsbeamte Mordechai Rachamim war hautnah dabei.
Hannah Einhaus NZZ16.2.2019
https://www.nzz.ch/schweiz/mordechai-rachamim-erinnert-sich-an-das-attentat-in-kloten-ld.1459588
10. August 2017
Die Akte „Terrorattentat Würenlingen von 1970 wird endgültig geschlossen.
Der Bombenanschlag im Jahr 1970 auf ein Flugzeug der Swissair auf dem Flug von Zürich nach Tel Aviv, das gegen 50 Todesopfer forderte, wird vom der Bundesanwaltschaft nach 48 Jahren nach angeblich nicht ausreichenden Beweisen nicht neu aufgerollt.
Der NZZ-Journalist Marcel Gyr hat in seinen Nachforschungen über diesen scheusslichen palästinensischen Terrorakt auf unschuldige Zivilisten einige Fallmaschen aufgezeigt, die v.a. den Schweizer SP-Bundesrat Graber in ein Zwielicht brachte. Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass die Schweiz (das EDA unter BR Graber) mehr als genug über die Täterschaft wusste und die ganze Sache einfach unter den Teppich kehrte. War dies Sympathie für die palästinensische Sache oder ging es hier sozusagen um (schweizerischen) Selbstschutz, einem stillen Abkommen mit den palästinensischen Terroristen, durch Stillschweigen weitere palästinensische Attacken auf die Schweiz und schweizerische Unternehmen zuvorzukommen? Bis heute bleibt alles im Dunkeln, aber die Gerüchte verbleiben!
Nun will die Bundesanwaltschaft diese Akte definitiv schliessen. Der folgende Artikel von Marcel Gyr in der NZZ vom 9.8.2018 berichtet darüber:
Bundesanwaltschaft schliesst die Akte «Würenlingen» definitiv
Wegen Verjährung wird das Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Bombenanschlag von 1970 auf ein Flugzeug der Swissair nicht wieder aufgenommen. Daran ändern auch neue Dokumente des FBI nichts.
Marcel Gyr9.8.2018, 14:12 Uhr
https://www.nzz.ch/schweiz/bundesanwaltschaft-schliesst-die-akte-wuerenlingen-definitiv-ld.1410165
10. März 2017
Schweizer Terrorjahre - Die Schweiz als Drehscheibe des globalen Terrorismus (NZZ 10.3.2017)
Und schon wieder kommt die Schweiz im Zusammenhang mit Terrorismus in den 70iger-Jahre ins Gerede. Marcel Gyr schreibt in der heutigen NZZ, dass sich im September 1974 mindestens sechs ausländische Attentäter in Zürich aufgehalten hätten, unter ihnen «Carlos» und die Chefin der Japanischen Roten Armee. Sie alle standen der palästinensischen PFLP nahe. Und trotzdem geben sich die verantwortlichen Schweizer Politiker bis heute immer wieder als "Unschuldslämmer" aus! Auch Bundesrat Burkhalter behauptet gerade in diesen Tagen wieder, dass die Anschuldigungen bezüglich Unterwanderung von Antisemiten und Israelhassern rund um DEZA-Organisationen falsch seien, obwohl genügend Beweise vorliegen, die das Gegenteil aufbringen.
Heutiger NZZ-Artikel:
https://www.nzz.ch/schweiz/schweizer-terrorjahre-die-schweiz-als-drehscheibe-ld.150291?reduced=true
20. Februar 2017
Leila Khaled, die Terroristen-Ikone par excellence meldet sich zu Wort! In den 70erJahren machte diese Dame des palästinensischen Terrors mit Flugzeugentführungen von sich reden. Sie sass auch im Gefängnis, bis sie freigepresst wurde.
Auch die Schweizer Linke schämte sich nicht, diese düstere Figur einmal als Rednerin an die 1. Mai-Kundgebung in Zürich einzuladen!
Jetzt räumt die NZZ ihr eine Plattform für ein Interview ein. Diese Figur ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Aber ihr Hass auf den jüdischen Staat Israel hat sie noch lange nicht begraben.
Lesen Sie das Interview in der heutigen NZZ:
https://www.nzz.ch/international/ein-gespraech-mit-leila-khaled-wir-sind-die-opfer-ld.146511
Ende Dezember 2016
Von Schweizer Bundesratsseite wurde bekanntlich in der Zwischenzeit eine Untersuchung dieser schmierigen Affäre rund um ein mögliches Stillhalteabkommen mit der PLO im Jahre 1970 eingeleitet. Im Mittelpunkt stand dabei das Attentat auf eine Swissair-Maschine, die gegen 50 Menschen in Würenlingen in den Tod stürzte. Der dann publizierte Schlussbericht (der Aufsichtskommission) wollte weismachen, dass es so ein "Stillhalteabkommen" nie gegeben hätte. In der Kritik der Politik des damaligen Bundesrates Graber stand das Schweizer Aussenministerium. Und gerade dieses Departement, resp. der Bundesrat, initialisierte diese neuesten Untersuchungen. Kann es da erstaunen, dass an der damaligen Politik, am damaligen Vorgehen von SP Bundesrat, nichts Nachteiliges zum Vorschein kam?
Der Publizist Marcel Gyr, der anfangs des Jahres 2016 das Buch (Schweizer Terrorjahre...) publizierte, lässt nicht locker. In den zwei letzten NZZ-Ausgaben vom 29. und 30. Dezember 2016 bringt er weitere Informationen, und zwar diesmal leuchtet er das düstere Netz von antiisraelischen und auch antisemitischen Helfern der palästinensischen Terrororganisationen aus(Schwarzer September usw.). Er kommt auf einen Schweizer Nazi zu sprechen, der 1970 für den PLO-Deal einen militanten Palästinenser vermittelt haben. Und auch hier taucht ein heut noch lebender SP Linker auf, der jahrelang engste und freundschaftlichste Banden zu den schlimmen Nahost Terrorgruppen und Dikatatoren (Gadaffi usw.) pflegte.
Lesen Sie die folgenden NZZ Artikel:
und
Mitte September 2016
Jetzt, Mitte September 2016 tauchen auf einmal zwei "Westdeutsche" Figuren auf diesem Schachbrett auf, die offenbar mit dieser Geschichten in Zusammenhang gebracht werden. Die NZZ berichtet am 16.9.2016 darüber:
Es gibt nun unerwartete News zur Thematik "Die Schweiz und die PLO" im Zusammenhang mit dem Terrorakt des Flugzeugabsturzes in Würenlingen vom 21. Februar 1970: zwei ungenannte Westdeutsche tauchen in einer FBI-Akte auf, die angeblich in dieses Attentat verwickelt sein sollten. Zudem steht die These im Raum, dass das Sprengstoffpaket nicht in München, sondern in Zürich der Post übergeben wurde!
«Wir kennen leider die Informanten des FBI nicht»
Interview von Marc Tribelhorn 16.9.2016, 05:30 Uhr NZZ vom 16.9.2016
Der überprüfbare Inhalt eines bis dahin unbekannten FBI-Dokuments decke sich mit seiner langjährigen Forschung – deshalb erachtet es der deutsche Terrorexperte Wolfgang Kraushaar für glaubhaft
Herr Kraushaar, laut einem bisher unbekannten FBI-Bericht wurden die palästinensischen Terroristen, die für den Absturz der Swissair-Maschine in Würenlingen von 1970 verantwortlich sind, von zwei Deutschen unterstützt. Wie schätzen Sie diesen Archivfund ein?
Es ist ein singuläres Dokument, das man ernst nehmen muss, auch wenn es dem bisherigen Kenntnisstand widerspricht. Offenbar verfügte der amerikanische Inlandgeheimdienst FBI über brisante Informationen zu den Anschlägen, die seinerzeit weder den bundesdeutschen noch den Schweizer Ermittlern bekannt waren – und zwar aus dem Innern der palästinensischen Terrorgruppe PFLP/General Command (PFLP/GC). Interessanterweise ging das FBI davon aus, dass es sich bei den geschilderten Vorgängen um gesicherte Tatsachen und nicht einfach nur um Gerüchte oder Behauptungen handelte, wie sie nur zu oft unter Geheimdiensten kursieren.
Der Bericht ist also glaubhaft?
Wir kennen leider die Informanten des FBI nicht, das macht insbesondere die Überprüfung der Aussagen über die beiden «unidentified West Germans» natürlich schwierig. Doch allein die Tatsache, dass das FBI im Bericht keinerlei Zweifel daran vermerkt hat, lässt aufhorchen. Zudem sind die übrigen Informationen, die sich in dieser offenbar zur heimischen Terrorabwehr verfassten Synthese finden und sich allgemein auf ein Profil palästinensischer Terroristen beziehen, durchaus akkurat. Sie decken sich jedenfalls mit den Ergebnissen meiner langjährigen Forschung zu den Fedayin, ihren Netzwerken und den verübten Anschlägen. Insbesondere die Feststellung, dass die Generalunion Palästinensischer Studenten, kurz GUPS genannt, eine der Schlüsselgruppen für die Untergrundarbeit in der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei, halte ich für stichhaltig.
«Am spektakulärsten ist die Nennung der beiden nicht identifizierten Deutschen.»
Wie kann es sein, dass die unmittelbar betroffenen Länder Deutschland und die Schweiz nichts davon wussten?
Das ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Beide Länder trieben die Untersuchung der beiden Anschläge auf die Flugzeuge der Swissair und der Austrian Airlines energisch voran. Sie versuchten auch, über befreundete Geheimdienste an weitere Informationen zu gelangen. Davon zeugen die Unmengen an Akten, die damals angelegt wurden und von denen heute sehr viele zugänglich sind. Aber vielleicht gibt es in den Archiven der Geheimdienste ja noch Hinweise, die uns bisher nicht bekannt sind.
Stützt sich der FBI-Bericht auf Erkenntnisse der CIA?
Das ist wahrscheinlich. Denn es gab in Deutschland eine ganze Reihe von CIA-Dépendancen, die dafür infrage kämen und von denen einige damals bereits bekannt waren. Eingeflossen in den Bericht sind möglicherweise aber auch Informationen von anderen Diensten, wie etwa dem deutschen Bundesnachrichtendienst und dem israelischen Mossad.
Was hat Sie am meisten frappiert?
Befunde, die quer zu den deutschen und schweizerischen Ermittlungsakten stehen – etwa die Aussage, eine der beiden Paketbomben sei gar nicht in München, sondern in Zürich aufgegeben worden. Die Ermittler fragten sich ja 1970, weshalb die mit einem Höhenmesser versehene Bombe erst auf dem Flug von Zürich nach Tel Aviv explodiert ist und nicht bereits zuvor auf dem Weg von München nach Zürich. Man ging nach längeren Abklärungen davon aus, dass auf dem Zwischenflug die für die Zündung kritische Höhe nicht überflogen worden war. Am spektakulärsten ist indes die Nennung der beiden nicht identifizierten «Westdeutschen».
Um wen könnte es sich dabei handeln?
Hier tappen wir noch im Dunkeln, aber es gibt im FBI-Bericht immerhin zwei Konkretisierungen, die den dafür infrage kommenden Personenkreis einschränken: So sollen die beiden Deutschen im September oder Oktober 1969 das Hauptquartier der PFLP in Amman besucht haben. Einer von ihnen sei zudem Elektroingenieur gewesen. Mir sind zwei Gruppen bekannt, die damals in Jordanien waren. Einerseits rund drei Dutzend Mitglieder aus dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS), die in einem Camp zum Teil auch an Waffen und Sprengstoff ausgebildet wurden. Unter ihnen befanden sich Studierende von technischen Hochschulen. Die SDS-Mitglieder waren Teil einer internationalen Gruppe, von denen die letzten allerdings schon Anfang August in ihre Heimatländer zurückgekehrt sein sollen. Zum anderen denkt man schnell auch an jene fünfköpfige Gruppe um Dieter Kunzelmann, die nach ihrer Ausbildung bei der Fatah die terroristischen Tupamaros West-Berlin gründete. Doch von ihnen hatte niemand eine Ingenieursausbildung.
Es wurden aber auch Rechtsextreme in den palästinensischen Camps für den Kampf gegen Israel ausgebildet . . .
. . . das stimmt in der Tat. Auch deutsche Rechtsradikale haben sich bereits zu dieser Zeit dort aufgehalten. Die Palästinenser scheinen damit kein Problem gehabt zu haben, ob jemand links- oder rechtsextrem war. Hauptsache, sie kämpften mit ihnen gegen Israel. Die Reisebewegungen von Rechtsradikalen im fraglichen Zeitraum habe ich aber nicht speziell erforscht.
«Israel verfügte offensichtlich über hervorragende Informationen zu Sufian Kaddoumi.»
Was halten Sie von der Hypothese, es habe sich bei den beiden Westdeutschen um israelische Agenten gehandelt?
Diese Schlussfolgerung erscheint mir abenteuerlich. Laut FBI-Bericht äusserte der Hauptattentäter, also Sufian Kaddoumi, diese Vermutung. Demnach soll die PFLP/GC vom Mossad unterwandert gewesen sein. Ich halte diese Äusserung aber für eine reine Schutzbehauptung Kaddoumis. In anderer Hinsicht gibt es allerdings auch einige Ungereimtheiten.
Zum Beispiel?
Ganz offensichtlich verfügte Israel über hervorragende Informationen zu Sufian Kaddoumi. Dafür gibt es viele Indizien. Nach den Paketbomben-Anschlägen erhielt das Bundeskriminalamt von der israelischen Botschaft in Bonn beispielsweise umgehend ein Fahndungsfoto und weitere personenbezogene Hinweise. Zudem: Warum sind die Paketbomben nicht wie geplant in El-Al-Flugzeugen explodiert? Eine der anvisierten Maschinen nahm damals auf einmal keine Luftpost mit an Bord, die andere fiel kurzfristig aus. Beides ohne plausible Erklärung. Das führte dazu, dass die Bomben in die Fracht-Zonen zweier europäischer Airlines gelangten.
Das klingt stark nach Verschwörungstheorie.
Sorry, das sind nichts anderes als Fakten, öffentlich zugänglich und von jedermann überprüfbar. Ihr Vorwurf trifft eher die am Ende des FBI-Dokuments wiedergegebene Behauptung Kaddoumis, die beiden ominösen Deutschen seien Mossad-Agenten und sie hätten die Anschläge lediglich aus dem Grund verübt, um die Fedayin blosszustellen. Das ist doch an den Haaren herbeigezogen. Aber im Gegensatz dazu bin ich mir ziemlich sicher, dass die Israeli wussten, was am 21. Februar 1970 geplant war, und sie dann alles taten, um einen Anschlag auf ihre zwei El-Al-Maschinen zu verhindern.
Weshalb wurden die anderen Fluggesellschaften nicht informiert, wenn es Anhaltspunkte für einen Anschlag gab?
Darüber kann man nur spekulieren. Es existiert aber ein interessanter Hinweis. Ein El-Al-Pilot, der den Überfall einer palästinensischen Kommandogruppe kurz zuvor schwer verletzt überlebt hatte, sagte einen Tag nach dem Absturz der Swissair-Maschine in Würenlingen gegenüber dem Schweizer Fernsehen: Das schreckliche Unglück sei einerseits zwar ein Schock, andererseits aber auch eine Lehre für die europäischen Fluggesellschaften gewesen, die nicht mit Israel in der Terrorabwehr hätten kooperieren wollen. Israel fühlte sich in der Tat bereits seit längerem von den westlichen Partnern im Stich gelassen. Dass der Mossad die Anschläge aber wissentlich zuliess, lässt sich nicht belegen und ist zumindest in einer Hinsicht auch nicht plausibel: Auf dem Swissair-Flug nach Tel Aviv befanden sich zahlreiche israelische Staatsangehörige, unter ihnen auch jüdische Holocaust-Überlebende.
Zur Person
tri. ⋅ Der 68-jährige Wolfgang Kraushaar ist promovierter Politikwissenschafter und forscht bei der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. Er gilt als Chronist der 68er Bewegung in Deutschland und hat sich ausser mit einschlägigen Arbeiten zu Protestbewegungen vor allem mit diversen Beiträgen zur Geschichte von linksterroristischen Gruppierungen einen Namen gemacht. Der von ihm herausgegebene Sammelband «Die RAF und der linke Terrorismus» ist ein Standardwerk. Mit dem Bombenattentat auf die Swissair-Maschine hat er sich unter anderem im 2013 erschienenen Buch «Wann beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel? München 1970: über die antisemitischen Wurzeln des deutschen Terrorismus» beschäftigt.
Auch der BEOBACHTER interessiert sich in der Ausgabe vom 16. September 2016 für die neuesten Erkenntnisse rund um den Würenlinger Swissair-Absturz. Interessanterweise hört man im (Zürcher) TAGES-ANZEIGER kein Wort darüber!
16. September 2016
Würenlingen-Attentat: Was genau wusste das FBI?
Der Absturz der Swissair-Maschine bei Würenlingen wird in einem FBI-Bericht von 1970 prominent erwähnt. 1970 fand der grösste Terroranschlag in der Schweiz statt. Jetzt taucht ein Bericht des FBI auf. Brisant: Eine der Spuren führt nach Zürich.
Mehr als vier Jahrzehnte nach dem verhängnisvollen Flugzeugabsturz bei Würenlingen wirft ein Report der US-Bundespolizei FBI vom Juni 1970 ein neues Licht auf den grössten je in der Schweiz verübten Terroranschlag. In einem internen Lagebericht fassten die Amerikaner Anschläge arabischer Terroristen zusammen – und thematisierten dabei auch den Swissair-Absturz. Mit bisher nicht bekannten Informationen: Am Bombenanschlag massgeblich beteiligt gewesen seien auch zwei Westdeutsche, die aber nie identifiziert wurden, steht im Bericht «The Fedayeen Terrorist – A Profile», der dem Beobachter vorliegt.
Das Papier ist weder als vertraulich noch als geheim klassifiziert. Trotzdem ist es in den Würenlingen-Akten im Bundesarchiv in Bern nicht enthalten. Der Beobachter ist bei einer Recherche mit der «NZZ» darauf gestossen.
Der brisante FBI-Bericht:
In dem siebenseitigen Lagebericht «The Fedayeen Terrorist – A Profile» fasste die US-Bundespolizei FBI im Juni 1970 ihre Erkenntnisse über den palästinensischen Terror in Europa zusammen. Prominent erwähnt ist in diesem Report der Absturz der Swissair Coronado über Würenlingen.
Der britische Historiker Thomas Skelton-Robinson machte den Beobachter und die «NZZ» auf das Dokument aufmerksam. Der Bericht ist auf der US-Website Governmentattic.org aufgeschaltet. Diese Nonprofitorganisation veröffentlicht Regierungsdokumente, die dem US-Öffentlichkeitsrecht unterstehen.
Den besagten Bericht über den palästinensischen Terror von 1969/1970 hat Government Attic 2008 publiziert. Die Organisation bestätigte gegenüber dem Beobachter, das Dokument beim FBI verlangt zu haben. 2012 nahm die George Washington University das Dokument in ihr National Security Archive auf. Das unterstreicht die Relevanz des Berichts.
Unabhängig davon sagte ein ehemaliger hochrangiger FBI-Ermittler dem Beobachter, er habe keine Zweifel an der Echtheit des Dokuments.
Offiziell war der Swissair-Crash vom 21. Februar 1970 schnell geklärt. Nach wenigen Tagen präsentierten deutsche und Schweizer Ermittler die Haupttäter: Sufian Radi Kaddoumi und Badawi Mousa Jawher waren Angehörige der PFLP-General Command, einer Splittergruppe der Palästinensischen Befreiungsfront. Dazu kamen zwei Helfer aus ihrem Umfeld.
Bomben in zwei Radiorekordern:
In Frankfurt hatten die vier angeblich Bomben mit Höhenmesser in zwei Radiorekorder eingebaut. Diese verschickten sie in Frankfurt und München nach Israel. Das Paket aus Frankfurt explodierte in einer AUA-Maschine, die noch notlanden konnte. Das Paket aus München kam angeblich per Zufall wegen eines umgeleiteten El-Al-Flugs in eine Swissair Coronado – wo es explodierte. «Goodbye everybody» waren die letzten Worte des Kopiloten. Alle 47 Passagiere und Besatzungsmitglieder kamen ums Leben.
Doch warum die mutmasslichen Haupttäter Kaddoumi und Jawher nie vor Gericht kamen, ist unklar. Die Behörden enthalten sich seit Jahrzehnten jeglicher Kommentare. Der Beobachter schrieb seit 2010 mehrfach über die Situation, die für die Angehörigen der Opfer unhaltbar ist: Bis heute kennen sie die Hintergründe des Anschlags nicht. Laut Bundesanwaltschaft wurden die mutmasslichen Täter nie aufgespürt. Das Ermittlungsverfahren wurde im November 2000 eingestellt. Um Einsicht in die Einstellungsverfügung zu erhalten, ging der Beobachter bis vor Bundesstrafgericht.
So berichtete der Beobachter über die Hintergründe des Attentats von Würenlingen:
Hintergrund: Wie die Bundesanwaltschaft die Recherchen des Beobachters zum Attentat von Würenlingen seit Jahren behindert.
Lockerbie: Steckte Libyen
dahinter?
Das wohl wichtigste Beweisstück, das zur Verurteilung eines libyschen Geheimdienstlers
führte, war wahrscheinlich gefälscht. (01.06.2012)
Den Bombenbauer ignorierten sie
Die Bundesanwaltschaft merkte jahrzehntelang nicht, dass ein berüchtigter palästinensischer Bombenbauer seine Finger im Spiel hatte. (04.07.2012)
Wusste Israel von der Bombe?
Israels Geheimdienst hatte den Haupttäter im Visier, der 1970 den Anschlag auf die Swissair-Maschine verübte. Wusste Israel auch, dass Anschläge bevorstanden? (05.02.2016)
Immer wieder kam in den letzten Jahren die Frage auf, ob die Schweizer Behörden ernsthaft versuchten, die Täter zu fassen. Seit der damalige Bezirksanwalt Robert Akeret am 1. Dezember 1970 den Schlussbericht an Bundesanwalt Hans Walder ablieferte, finden sich in den Akten keine Hinweise auf weitere Ermittlungen.
Warum ermittelte die Schweiz nicht weiter? Anfang Jahr berichtete «NZZ»-Journalist Marcel Gyr im Buch «Schweizer Terrorjahre» über ein geheimes Stillhalteabkommen der Schweiz mit der PLO. Weder eine vom Bundesrat eingesetzte Arbeitsgruppe noch die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft fanden schriftliche Belege für einen solchen Deal, doch die «NZZ» stützt sich auf Zeitzeugen und hält an ihrer These fest. Fragt sich, ob den Palästinensern allenfalls zugesichert worden war, das Verfahren gegen die Attentäter von Würenlingen bewusst versanden zu lassen.
Die USA waren gut informiert:
Mit dem jetzt aufgetauchten Bericht ist klar: Die USA waren über die Hintergründe gut informiert. Die zwei «unidentified West Germans» hätten Kaddoumi und Jawher bei den Vorbereitungen «unterstützt». Die vier hätten sich am 10. Februar in Frankfurt getroffen. Aktenkundig ist, dass Kaddoumi und Jawher an diesem Tag tatsächlich nach Frankfurt fuhren.
Was sie dort getan haben, steht nicht in den Ermittlungsakten – wohl aber im FBI-Bericht. Demnach diskutierten Kaddoumi und Jawher mit den zwei Westdeutschen darüber, wie man ein Flugzeug am besten in die Luft sprengt. Einer der Deutschen habe vorgeschlagen, Zünder und Sprengstoff mit einem Höhenmesser zu koppeln und in 3000 Metern Höhe explodieren zu lassen. Man habe dies als «eine zufriedenstellende Technik» bezeichnet, steht im FBI-Bericht. Laut einer «zuverlässigen Quelle» soll ein Paket – entgegen der offiziellen Theorie – nicht in München, sondern in Zürich zur Post gebracht worden sein.
Um wen es sich bei den beiden handelt, ist nicht klar. Aber es ist bekannt, dass linksextreme Westdeutsche 1969 palästinensische Ausbildungscamps besuchten. Zudem fügen sich die Details des FBI wie fehlende Puzzleteile in die Unschärfen der Ermittlungen von 1970. So gab es für die Paketaufgabe in Frankfurt einen Zeugen. Kaddoumis Paketaufgabe in München war aber nur eine Annahme. Sollte das Paket in Zürich aufgegeben worden sein, wäre ein weiteres Rätsel gelöst: Unklar war, warum die Bombe nicht bereits zwischen München und Zürich explodiert
«Eines Tages wirst du […] sehen […], dass Sufian nichts mit den Explosionen zu tun hat.»
Der als Haupttäter identifizierte Sufian Kaddoumi in einem Brief an eine Freundin, 1970
Womöglich war der stets als Haupttäter identifizierte Sufian Kaddoumi also nur ein Helfer. Wenige Tage nach dem Crash sagte er dem Zürcher Journalisten Gregor Henger, der ihn in Amman aufgespürt hatte, er habe mit der Bombe nichts zu tun. Ähnlich in einem Brief Anfang März 1970 an eine Freundin in Deutschland: «Eines Tages wirst du […] sehen […], dass Sufian nichts mit den Explosionen zu tun hat.» Kaddoumi kündigte an, er werde Pressekonferenzen organisieren, TV-Interviews geben und einen Anwalt engagieren. Doch er trat nie mehr an die Öffentlichkeit.
Rätselhaft ist auch Israels Rolle während der Ermittlungen. «Wusste Israel von der Bombe?», titelte der Beobachter im Februar und beschrieb, wie die Ermittler drei Tage nach dem Absturz aus dem Umfeld der israelischen Botschaft auf drei Informanten hingewiesen wurden, die Kaddoumi kannten. Und man lieferte ihnen ein Bild des mutmasslichen Attentäters.
«Wenn ich das gewusst hätte»:
Der zuständige Schweizer Kriminalkommissar (inzwischen verstorben) erzählte dem Beobachter vor wenigen Jahren, israelische Polizeibehörden hätten ihm angeboten, die mutmasslichen Attentäter zu verhaften und an die Schweiz auszuliefern. Doch Kaddoumi lebte über 20 Jahre lang unbehelligt in Jordanien, bevor er Mitte der neunziger Jahre eines natürlichen Todes gestorben sein soll.
Unklar ist, ob die Ermittler von den FBI-Erkenntnissen wussten. Der damalige deutsche Chefermittler Günter Scheicher versichert, den FBI-Bericht nie gesehen zu haben. Und Robert Akeret sagt: «Wenn ich von diesen Informationen gewusst hätte, wären diese beiden unbekannten Personen in unserem Schlussbericht auf jeden Fall erwähnt worden. Ich hätte sicher auf dem Rechtshilfeweg weitere Ermittlungen angestossen.»
Autor: Otto Hostettler Bild: Keystone . Ausgabe: 16. September 2016, Beobachter 19/2016
Inhalt
Würenlingen Wusste Israel von der Bombe?
In einem Genfer Hotel schlossen dann der Bundesanwalt, der Geheimdienstchef sowie vermutlich Aussenminister Graber persönlich mit dem PLO-Chefdiplomaten Farouk Kaddoumi ein «Stillhalteabkommen». Die Schweiz sollte fortan von Terrorakten verschont bleiben. Im Gegenzug half man der PLO, in Genf ein politisches Büro zu eröffnen. Offenbar sicherte die Schweiz auch zu, die Strafuntersuchung gegen die Hintermänner des Bombenanschlags auf die Swissair vom 21. Februar 1970 versanden zu lassen – wohl weil ein naher Verwandter des PLO-Chefdiplomaten im Zentrum stand.
Der Gedenkstein bei der Absturzstelle in Würenlingen. (Bild: Keystone)
Im Februar 2016 erschien vom NZZ-Journalisten Marcel Gyr das Buch "Schweizer Terrorjahre - das geheime Abkommen mit der PLO". Marcel Gyr kommt auf die Zeit der "Schweizer Terrorjahre" rund um den Absturz einer Swissair-Maschine bei Würenlingen am 21. Februar 1970 zu sprechen. Er wirft die Frage auf, ob der damalige SP Aussenminister, Bunderat Pierre Graber, mit der Palästinensischen "Befreiungsorganisation" PLO einen heimlichen Pakt geschlossen habe, um Terrorangriffe auf die Schweiz zu vermeiden.
Über dieses Buch, resp. über die These eines Geheimabkommens mit der PLO, tobte eine sehr lebhafte Kontroverse - bis heute! Unter der Rubrik "Bücher/Filme" bin ich auf dieser Homepage in Kürze auf dieses Buch eingegangen!
Es ist wohl eine Tatsache, dass damals unmittelbar nach diesem schrecklichen Attentat auf eine Swissair-Maschine von Zürich nach Tel Aviv bis heute vieles unklar ist. Dieser Massenmord an Unschuldigen, eindeutig begangen von palästinensischen Terroristen, wurde bis heute nicht gesühnt. - Im weiteren entführten dann wiederum Palästinenser, nur wenige Monate nach der Katastrophe von Würenlingen, eine Swissair-Maschine nach Zerqa in die jordanische Wüste, um in der Schweiz inhaftierte Palästinenser freizupressen. Die Schweiz gelangte dadurch unmittelbar in den Fokus des Palästinakonfliktes, resp. in die Zielscheibe des palästinensischen Terrors. Bekanntlich wurden die Swissair-Passagiere freigelassen. Und - es wirkt fast wie ein Wunder! - liessen die palästinensischen Terroristen von der Schweiz ab. Ging es dabei um schweizerische "Schutzgeldzahlungen?
Alles ist bis heute vollkommen unklar. Die Thesen, dass der SP-Bundesrat und damalige Aussenminister Graber in einem Geheimabkommen die Palästinenser ruhig stellte, bestehen nach wie vor.
In der Zwischenzeit veranlasste der Schweizer Bundesrat eine "Untersuchung", die Mitte Mai 2016 ihre Resultate publik machte. Diese Kommission behauptet, dass es keine Indizien gäbe, die auf ein Geheimabkommen mit der PLO schliessen würden. Und diese Behauptung machte dann auch die Runde! Etwas fällt allerldings in dieser Sache auf: es war der "Bundesrat", der diese Untersuchungskommission initialisierte, und es ist der Bundesrat (damals Aussenminister Graber), dem dieses rechtlich nicht haltbare Vorgehen eines "Geheimdeals mit der PLO" vorgeworfen wird. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass - wenn dies wirklich der Fall war - so ein "Geheimdeal" höchstwahrscheinlich nicht schriftlich protokolliert wurde, oder dann, dass die entsprechenden schriftlichen Unterlagen darüber "sichergestellt^" oder sogar vernichtet wurden. Die aktuelle Untersuchungskommission behauptet weiter, dass so ein "Geheimdeal" unwahrscheinlich sei - weil sie (die Untersuchungskommission!) eben keine schriftlichen Quellen darüber auffinden konnte. Das ist eine seltsame Logik!
Ich gehe davon aus, dass die Diskussion weiter gehen wird - und weiter gehen muss! Das Thema ist noch nicht abgeschlossen, kann es nicht sein! Und darf es auch nicht sein, bevor möglichst viele Details über diese unappetitliche Affäre bekannt sind.
Ich möchte hier auf dieser Seite Zeitungsausschnitte und Kommentare über diese Thematik aufführen:
Zusammenfassung:
14. Mai 2026: "Brisante Gesprächsfetzen vom Lac Léman" Marcel Gyr, NZZ
13. Mai 2016: "Italiens Geheimabkommen mit den Palästinensern", von Patricia Arnold
11. Mai 2016: "Geheimabkommen mit PLO -Aufsichtskommission behält sich weitere Schritte vor.." von Heidi Gmür
21. Februar 2016: Schweiz am Sonntag: "Werde teuer für Entscheide bezahlen", von Henry Habegger.
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14. Mai 2016
Nun meldet sich ein "stiller Lauscher an der Wand", der BR Graber in einem Gespräch mit seinem Vater belauschte! Es ist die Rede von "einem arrangement discret" mit den Palästinensern. Marcel Gyr berichtet darüber in der NZZ vom 14.5.2016:
Brisante Gesprächsfetzen vom Lac Léman
von
Als junger Student habe er zwar in Zürich gewohnt, erzählt François A. Bernath, doch im Sommer sei er so oft wie möglich nach Cully in die Nähe von Lausanne gefahren, ins mütterliche Anwesen hoch über dem Genfersee. Zusammen mit seinem Bruder habe er unter dem Dach ein Zimmer eingerichtet, denn nicht zuletzt wegen des Swimmingpools im Garten sei es dort viel lustiger gewesen als in Zürich.
So lag er auf dem Liegestuhl, zufällig leicht versteckt hinter einer Mauer, als an einem Sommertag im Jahr 1970 prominenter Besuch auftauchte: Pierre Graber, seit wenigen Monaten Bundesrat, der Familie als Jugendfreund des Vaters aber schon lange bekannt. Als die beiden auf den Terroranschlag von Würenlingen zu sprechen kamen, spitzte Bernath die Ohren – und gab sich schlafend. Das Thema interessierte ihn ausserordentlich, die abgestürzte Swissair-Coronado beschäftigte ihn seit langem.
So kam es, dass sich Bernath im Sommer 1970 bei zwei weiteren Gelegenheiten auf den Liegestuhl hinter der Mauer legte, als der Besuch Grabers kurzfristig angekündigt wurde. Er wollte lauschen, was die zwei Erwachsenen zu besprechen hatten. Die drei vertraulichen Treffen datiert er zwischen Juni und September 1970, das letzte ein oder zwei Wochen nach der Entführung einer Swissair-Maschine nach Zerqa.
Fast 46 Jahre später, Anfang Februar dieses Jahres, wurde Bernath plötzlich wieder mit jenen Ereignissen konfrontiert, die er bis dahin niemandem anvertraut hatte. Weil er ein schlechtes Gewissens gehabt habe, habe er nicht einmal mit seinem Vater darüber gesprochen, sagt er beim persönlichen Treffen, das am späten Donnerstagabend im Hotel Hilton Airport in Opfikon stattfindet.
Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) war von den beiden Geschäftsprüfungskommissionen damit beauftragt worden, die Umstände des Strafverfahrens zum Flugzeugabsturz in Würenlingen zu untersuchen. Er habe sich entschieden, als Mitglied der AB-BA in den Ausstand zu treten und der interdepartementalen Arbeitsgruppe 1970 (IDA 1970) zur Verfügung zu stehen. Jetzt kommt ein weiterer Zufall hinzu: Während seiner Studienzeit beschäftigte sich Bernath intensiv mit Gedächtnistraining. 1979 verfasste er sogar ein Buch zum Thema, «Gedächtnis- und Lesetraining». Dieses Wissen wandte er nun an, um die heimlich abgehörten Gespräche zwischen seinem Vater und Bundesrat Graber zu rekonstruieren. Dafür habe er rund drei Wochen gebraucht, sagt Bernath. Voraussetzung sei natürlich, dass ihn das Thema damals brennend interessiert und er die Konversation deshalb besonders gut abgespeichert habe.
lieferte er der IDA 1970 in einer schriftlichen Stellungnahme ab [PDF des Berichts S. 139-146]
Bernaths schriftlich festgehaltene Schilderungen bergen reichlich Zündstoff. So ging aus dem ersten Gespräch offenbar hervor, dass Graber angesichts des Terrors mit palästinensischen Führern das Gespräch suchte. «Weiter wurde klar, dass Pierre den Bundesrat über seine Pläne (noch) nicht informiert hatte», steht im Bericht. Sein Vater gab zu bedenken, dass es sehr risikobehaftet sei, wenn der Bundesrat nichts von dieser Aktion wisse und sie nicht gutheisse.
Darauf meinte Graber, «dass ihm der Bundesrat niemals ‹grünes Licht› für Verhandlungen mit Terroristen geben würde». Es gehe um «inoffizielle» Sondierungen, um ein «arrangement discret», das die Schweiz vor dem palästinensischen Terror schützen sollte. Diese Passage widerspricht dezidiert den bisherigen Schilderungen aus der Entourage Pierre Grabers, die ihrem Vorgesetzten keinen Alleingang zutraut.
Für François Bernath hingegen besteht kein Zweifel: Bundesrat Graber habe auf eigene Faust heimliche Gespräche mit den Palästinensern aufgleisen wollen. Für ihn könne der Ausdruck «arrangement discret» einzig als Geheimabkommen interpretiert werden. Wobei «discret» nicht nur geheim bedeute, sondern auch ohne Schriftlichkeit, um keine Spuren zu hinterlassen.
Zum Schluss des ersten Gesprächs brachte Bernaths Vater Jean Ziegler ins Spiel, worauf Graber aber zunächst abwinkte. Beim zweiten Treffen stellte sich dann aber heraus, dass Graber offenbar doch mit Ziegler Kontakt aufgenommen hatte. Dieser habe sich bereit erklärt, mit den Palästinensern zu vermitteln. Dabei sei auch der Name Farouk Kaddoumi gefallen, schreibt Bernath in seinem Erinnerungsprotokoll.
An diesen Namen könne er sich deshalb sehr gut erinnern, weil der ägyptische König Farouk damals in Cully eine Liegenschaft besessen habe. Dort habe er ab und zu verkehrt und habe dabei die arabische Kultur kennengelernt – etwa wie hoch ein Handschlag im Gegensatz zur Schriftlichkeit gehalten werde, erzählt Bernath im Gespräch. Neben Kaddoumi ist bei Bernath ein weiterer Name hängengeblieben, Khaled.
Beim zweiten Gespräch habe Bundesrat Graber ein «diskretes Abkommen» als realistisch eingeschätzt. Beim dritten Treffen schliesslich, mitten in der Zerqa-Krise, sei Pierre «ausser sich» gewesen und habe mit dem Vater erörtert, wie man sich mit den Palästinensern arrangieren könne. Ob ein «arrangement discret» zustande gekommen sei, habe er nicht mitbekommen, schliesst Bernath seine schriftliche Stellungnahme. Er könne aber sagen, dass es zumindest um die Anbahnung eines solchen Abkommens gegangen sei.
des Schlussberichts der IDA 1970
13. Mai 2016
Die Diskussion rund um Grabers Geheimdeal mit den Palästinensern wird weiter in den Medien diskutiert. Heute veröffentlicht die NZZ einen Artikel über einen in der Tat eingeganges "Geheimabkommen" mit den Palästinenern. Auch diese Ausführungen illustrieren wieder einmal mehr, mit welchen Mitteln die Palästinenser vorgingen: brutaler und blutiger Terror, der vor allem unschuldige Zivilisten im Visier hatten! Ganz erstaunlich ist es in diesem Licht gesehen, wie radikal und einseitig nicht nur die Sympathien, sondern auch die konkreten Unterstützungen von Europas Linken für die palästinensische Sache geschahen. Und einher mit dieser Terrorunterstützung geht bis heute eine einseitige, bissige und fanatische "Verurteilung" Israels!
Enthüllungen rund um Aldo Moro: Italiens Geheimabkommen mit den Palästinensern
von Patricia Arnold, Mailand 13.5.2016, 08:00 Uhr
Während in der Schweiz eine Arbeitsgruppe zum Schluss kommt, 1970 sei es nicht zu einem Abkommen mit den Palästinensern gekommen, gilt in Italien ein solcher Pakt inzwischen als gesichert.
Die Leiche des früheren Ministerpräsidenten Moro wird am 9. Mai 1978 in einem Kofferraum in Rom gefunden. (Bild: EPA)
Am 16. März 1978, einem Donnerstag, wurde der italienische Spitzenpolitiker Aldo Moro in Rom entführt, seine fünf Leibwächter wurden erschossen. 55 Tage hielten Mitglieder der Roten Brigaden den Chef der Regierungspartei Democrazia Cristiana (DC) in Geiselhaft, bevor sie ihn mit acht Schüssen hinrichteten. Die Regierung in Rom war auf die Forderung der Terroristen nicht eingegangen, inhaftierte Gesinnungsgenossen gegen Moro auszutauschen. Ganz Italien war über den Terrorakt und die Ermordung Moros schockiert.
38 Jahre sind seither vergangen, und nach wie vor liegen die Hintergründe des Attentats im Dunkeln. Viele Gerüchte und Verschwörungstheorien ranken sich um den Fall Moro. Seit eineinhalb Jahren beschäftigt sich – nicht zum ersten Mal – eine parlamentarische Untersuchungskommission mit dem Mord an Aldo Moro, der mehrfach Italiens Regierungschef und auch Aussenminister des Landes war. Ausgangspunkt für die neuen Untersuchungen ist eine Depesche vom 17. Februar 1978, die aus Beirut an den militärischen Geheimdienst Sismi in Rom gerichtet war. Darin informierte Oberst Stefano Giovannone, damals italienischer Spionagechef in Libanon, seine Vorgesetzten über eine «terroristische Operation von beträchtlicher Tragweite», die europäische Terroristen in Italien planten. Giovannones Informant war ein Vertreter der militanten Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) von George Habash. Einen Monat nach der Warnung wurde Aldo Moro entführt.
Das Telegramm aus Nahost verriet aber noch mehr. Es bestätigte die Existenz eines sogenannten «Lodo Moro», eines informellen Pakts zwischen Italien und den palästinensischen Organisationen PLO und PFLP. Das Übereinkommen, über das in Rom schon lange Gerüchte kursierten, sah vor, dass palästinensische Attentäter keine Terrorakte in Italien verüben würden. Als Gegenleistung konnten sie sich in Italien unbehelligt aufhalten und auch Waffengeschäfte abwickeln.
Dieser Pakt geht offenbar auf Aldo Moro selbst zurück, der von 1969 bis 1974 Italiens Aussenminister war. Auslöser für das Abkommen war ein Bombenanschlag palästinensischer Terroristen auf dem römischen Flughafen Fiumicino im Dezember 1973. Beim Attentat auf eine Boeing 707 der US-Fluggesellschaft Pan Am wurden 34 Menschen getötet. In der Folge ging Italien offenbar auf einflussreiche Vertreter palästinensischer Organisationen zu.
Bereits 2008 hatte der frühere Staatspräsident Francesco Cossiga über eine italienisch-palästinensische Vereinbarung berichtet. In einem Interview mit der israelischen Tageszeitung «Yedioth Ahronoth» sagte er, als Ministerpräsident in den Jahren 1979/1980 sei er vom militärischen Geheimdienst darüber informiert worden. Zuvor hatten Polizisten bei einer Fahrzeugkontrolle Palästinenser verhaftet, die eine Boden-Luft-Rakete mit sich führten. Die Verhafteten wurden, so Cossiga, wieder freigelassen und die Waffen an die palästinensischen Besitzer zurückgegeben. Sie hatten offenbar versichert, dass – wie im «Lodo Moro» vorgesehen – damit kein Gewaltakt in Italien geplant war.
Cossiga zeigte sich damals erstaunt, dass seine Enthüllungen in der italienischen Öffentlichkeit ziemlich unbeachtet blieben. Auch die Veröffentlichung der aufschlussreichen Depesche aus Beirut schlug bis anhin keine grossen Wellen. Italiener haben sich offenbar daran gewöhnt, dass die Hintergründe der «strage italiane», der Blutbäder und Massaker, die das Land in der «bleiernen Zeit» in den 1970er und 1980er Jahren erschütterten, nie richtig aufgeklärt wurden.
Zu diesen ungeklärten Fällen gehört nicht nur der Fall Moro. Rätsel umgeben auch den Absturz einer Passagiermaschine der Fluggesellschaft Itavia unweit der Mittelmeerinsel Ustica im Juni 1980 sowie das Attentat auf den Bahnhof von Bologna nur wenige Wochen später. Bei der Flugzeugkatastrophe starben 81 Menschen. Der Bombenanschlag in Bologna, der bis anhin Neofaschisten zugeschrieben wird, forderte 85 Todesopfer und 200 Verletzte.
Auf dicke Aktenbündel, die offenbar auch Aufschluss über den Flugzeugabsturz und das Bombenattentat geben, stiessen fünf Mitglieder des parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Archiv des militärischen Geheimdienstes in Rom. Vor ein paar Wochen konnten sie laut einem Bericht der Tageszeitung «La Stampa» die gesamte Korrespondenz, die in den 1970er Jahren über die italienische Botschaft in Beirut lief, einsehen. Die Parlamentarier wollten eigentlich nur ergänzende Informationen zum Telegramm des Geheimdienstchefs Giovannone suchen. Sie fanden aber weit mehr, nämlich eine arabisch-libysche Spur zu Ustica und Bologna.
Ihre Erkenntnisse dürfen die Politiker nicht veröffentlichen, da die Dokumente noch das Siegel «streng geheim» tragen. Mitglieder der Untersuchungskommission forderten jetzt Ministerpräsident Renzi auf, die Öffentlichkeit endlich aufzuklären. Laut dem Bericht in «La Stampa» haben die Parlamentsabgeordneten Hinweise auf eine Beteiligung von Palästinensern beim Bombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna. Die Kommissionsmitglieder sprechen sogar von «einem dramatischen und schrecklichen Konflikt zwischen Italien und palästinensischen Organisationen, die von Libyen kontrolliert wurden, und der seinen schrecklichen Höhepunkt am Morgen des 27. Juni 1980 fand». An diesem Tag war der Bombenanschlag auf das Flugzeug, das in Ustica abstürzte.
Über mögliche Gründe, warum der geheime Pakt zwischen Italien und den Palästinensern gebrochen wurde, wird in italienischen Medien schon länger spekuliert. Genannt wird etwa die Verhaftung von Abu Saleh Anzeh, dem Chef der PFLP Italien, im Januar 1980.
11. Mai 2016
Die "Aufsichtskommission des Bundesrates" veröffentlicht ihre Resultate und posaunt frisch fröhlich heraus: Es gab keinen Geheimdeal zwischen BR Graber und er PLO! Diese Kommission hat aber - um dies klarzustellen - nur keine "schriftlichen" Quellen gefunden, die so einen "Geheimdeal" bestätigen würde. Ist es nicht auch logisch, dass ein Geheimdeal eben (möglichst) keine (schriftlichen) Spuren hinterlässt?
Die GPK (Geschäftsprüfungskommission) unter der Leitung von Alfred Heer (SVP) wird dem noch weiter rnachgehen.
Lesen Sie hier einmal den Bericht von Heidi Gmür in der NZZ vom 11.5.2016:
Geheimabkommen mit PLO
Aufsichtskommission behält sich weitere Schritte vor
von Heidi Gmür, Bern 11.5.2016, 12:05 Uhr
Der Schlussbericht wirft Fragen auf, mit denen sich auch die GPK noch befassen dürfte. Jean Ziegler hält die Resultate der Arbeitsgruppe für «irrelevant», und Buchautor Gyr hält an seiner These fest.
Nachdem der Bundesrat den Schlussbericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe «1970» am Mittwoch zur Kenntnis genommen hat, wird sich nächste Woche die nationalrätliche Geschäftsprüfungskommission (GPK) damit befassen. Ihr liegt auch der zweite, noch unveröffentlichte Bericht vor, den sie selber von der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft eingefordert hatte. Die GPK hatte im Januar umgehend eine lückenlose Aufklärung der Ereignisse im Jahr 1970 gefordert, nachdem NZZ-Redaktor Marcel Gyr in einem Buch erstmals Informationen über ein geheimes Abkommen zwischen SP-Bundesrat Pierre Graber und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) publik gemacht hatte.
GPK-Präsident Alfred Heer (svp.) zeigte am Mittwoch auf Anfrage Verständnis, dass Gyr seine anonymen Hauptquellen der Arbeitsgruppe mit Verweis auf den Quellenschutz nicht hatte preisgeben wollen. Gleichzeitig bedauere er, dass man diese Quellen nicht fassbar machen könne, zumal es die Aufarbeitung natürlich erschwere. Der Sitzung von nächster Woche wolle er nicht vorgreifen, aber die Kommission behalte sich selbstverständlich vor, weitere Personen direkt anzuhören, wenn sie dies nach sorgfältigem Studium der Berichte für nötig erachte. «Der Bericht wird in der GPK sicher noch ein paar kritische Fragen auslösen», sagt GPK-Mitglied Corina Eichenberger (fdp.), die auch die Gesellschaft Schweiz-Israel präsidiert. So gebe es etwa einen Widerspruch zwischen den schriftlichen Antworten des damaligen PLO-Vertreters Farouk Kaddoumi an die Arbeitsgruppe und dessen Aussagen gegenüber dem Buchautor (vgl. Haupttext).
Gyr selber bezeichnet den Bericht der Arbeitsgruppe in einer Stellungnahme als «grundsätzlich profund». Schade finde er allerdings, dass «angesichts des betriebenen Aufwands nicht auch die Direktbetroffenen befragt wurden». So wurden weder er noch Jean Ziegler, der seine These stütze, oder der damalige Mitarbeiter von Graber, Franz Blankart, der seine These bestreite, vorgeladen. Das Verdikt von Ziegler fällt harscher aus. «Die Arbeitsgruppe ist völlig unglaubwürdig und deren Schlussfolgerung irrelevant», sagt er. Ziegler, gegenwärtig Vizepräsident des beratenden Ausschusses des Uno-Menschenrechtsrates, wird im Buch als Zeitzeuge zitiert. Er hatte unter anderem bestätigt, damals den Kontakt zwischen seinem Parteikollegen Graber und der PLO vermittelt zu haben. Ziegler kritisiert seinerseits, dass die Arbeitsgruppe nicht alle Personen befragt und Kaddoumi weder vorgeladen noch besucht, sondern bloss schriftlich befragt habe.
Die Arbeitsgruppe hatte Gyr lediglich um Erlaubnis ersucht, mit dessen beiden anonymen Hauptinformanten in Kontakt zu treten; dieser sei auf das Gesuch aber nicht eingetreten. Dazu hält Gyr fest, dass er sich als Journalist «selbstverständlich an den Quellenschutz halte». Hingegen habe er in einer schriftlichen Stellungnahme, die im Bericht aufgeschaltet sei, seine Position ausführlich erläutert und darin auch zwei zusätzliche Auskunftspersonen angegeben, die seiner Meinung nach vom geheimen Deal mit der PLO Kenntnis haben könnten, aber vom Amtsgeheimnis entbunden werden müssten. «Angesichts meiner breit abgestützten Quellenlage», sagt Gyr, «halte ich an meiner These fest.» Und er sei gerne bereit, diese Quellenlage gegenüber den massgeblichen Kreisen zu erläutern und weiterführende Auskünfte zu erteilen.
Dass die Arbeitsgruppe die von Gyr erwähnten Auskunftspersonen nicht kontaktiert hat, erklärt das federführende Aussendepartement auf Anfrage damit, dass es sich bei diesen nicht um Zeitzeugen gehandelt habe, «die über Informationen aus erster Hand über allfällige Gespräche und das ‹geheime Abkommen› verfügen könnten». Ähnlich begründet es den Umstand, dass Personen wie Gyr oder Ziegler von der Arbeitsgruppe nicht angehört wurden.
Grabers Gespräche mit einem Jugendfreund
Ein weiterer Zeitzeuge erinnert sich
von René Zeller 11.5.2016, 16:50
Der vom Bundesrat eingesetzten Arbeitsgruppe ist zu attestieren, dass sie in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit einen substanziellen Zwischenbericht erstellt hat. Ihr Augenmerk galt in erster Linie Akten und Dossiers, die im Bundesarchiv und andernorts verfügbar sind. Weniger Aufmerksamkeit wurde mündlichen Aussagen von Beteiligten oder potenziellen Mitwissern beigemessen. Der einstige PLO-Exponent Farouk Kaddoumi antwortete auf schriftliche Fragen der Arbeitsgruppe mit der stereotypen Antwort: «I don't remember.» Marcel Gyr konnte mit ebendiesem Kaddoumi in Tunis gemeinsam mit einer ortskundigen NZZ-Mitarbeiterin zwei längere Gespräche führen. Es existieren Tonaufnahmen.
Vor dem Hintergrund, dass klandestine Vereinbarungen naturgemäss nicht protokolliert werden, sind Informationen von Zeitzeugen mindestens so nützlich wie Aktenberge. Dass die behördliche Arbeitsgruppe keine mündlichen Anhörungen organisiert hat, ist suboptimal. Unverständlich ist überdies, dass der Autor des Buches «Schweizer Terrorjahre» nicht zum persönlichen Gespräch eingeladen worden ist.
Durchaus erwünscht wäre auch gewesen, wenn ehemalige Mitarbeiter des Waadtländer Bundesrats Pierre Graber befragt worden wären, weshalb sie unmittelbar nach der Publikation des Buches eine Gegenkampagne lancierten. Dass sich vom ersten Tag an auch der Leiter der auf diplomatische Dokumente spezialisierten Forschergruppe Dodis, Sacha Zala, darauf festlegte, die These eines heimlichen Vorgehens Pierre Grabers sei wenig glaubhaft, zeugt ebenfalls nicht vom Bemühen um die Suche nach historischer Wahrheit.
Leider hat das dunkle zeitgeschichtliche Kapitel der terroristischen Bedrohung von 1970 nach der Publikation des Buchs allzu schnell eine schrille Kontroverse ausgelöst. Marcel Gyr schrieb in seinem Buch, er wolle einen Beitrag zur Wahrheitsfindung leisten. Von anderer Seite wird ihm unterstellt, seine diversen Quellen hätten ihn auf den Holzweg geführt. Wir halten hier und heute fest: Die Recherchen des NZZ-Reporters sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern profund. Sie schlechtzureden, dient der Sache nicht.
Der Ball liegt nun bei den eidgenössischen Räten. Die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte hatten den Bundesrat im Februar beauftragt, erste Abklärungen vorzunehmen und bis Ende April darüber zu informieren. Ob der in relativer Eile erstellte Bericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe die parlamentarischen Geschäftsprüfer zufriedenstellt? Das Bild, das besagter Bericht zeichnet, kann nicht als der Weisheit letzter Schluss betrachtet werden. Wenn im Parlament trotzdem die Einschätzung überwiegen sollte, dass der historischen Wahrheitsfindung im Zusammenhang mit der Bluttat von Würenlingen Genüge getan sei, so müsste dies als leichtfertig qualifiziert werden.
Auch die Schweiz war ein Terrorziel: Trümmerteile der von einer Bombe zum Absturz gebrachten Coronado CV-990 im Wald bei Würenlingen. (Bild: Keystone)
Schweizer Terrorjahre - Unfertige Wahrheitssuche
Kommentar
von
Gravierende Vorkommnisse dürfen nicht kleingeredet werden. Als im Februar 1970 eine Swissair-Maschine im aargauischen Würenlingen abstürzte und 47 Menschen in den Tod riss, stand die Schweiz unter Schock. Die terroristische Bedrohung war auch hierzulande zur brutalen Realität geworden. Doch die Drahtzieher der verbrecherischen Bluttat, die rasch der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zugeordnet werden konnten, wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Weitere drängende Fragen sind seither offengeblieben. Daran tragen nicht zuletzt die Hinterbliebenen der Opfer bis heute schwer.
Der NZZ-Journalist Marcel Gyr hat mit seinem im Januar publizierten Buch «Schweizer Terrorjahre» einen wichtigen Beitrag zur historischen Wahrheitsfindung geleistet. Der Autor hat monatelang intensiv recherchiert, mit unmittelbar involvierten Exponenten der Palästinensischen Befreiungsorganisation und schweizerischen Zeitzeugen gesprochen. Sein Befund, wonach der damalige Bundesrat Pierre Graber in Genf zwecks Schadensbegrenzung ein strikt geheimes Agreement mit der PLO abschloss, ist keine locker-flockig hingeworfene These. Seit der Publikation des Buches hat Marcel Gyr weitere Indizien beigebracht. Sie belegen, dass die Schweiz damals keineswegs im Alleingang unterwegs war. Sachkundige Historiker, die über die damaligen Ereignisse geforscht haben, bestätigen, dass Gyrs Erkenntnisse plausibel sind.
Ein weiterer Zeitzeuge erinnert sich
von
Der vom Bundesrat eingesetzten Arbeitsgruppe ist zu attestieren, dass sie in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit einen substanziellen Zwischenbericht erstellt hat. Ihr Augenmerk galt in erster Linie Akten und Dossiers, die im Bundesarchiv und andernorts verfügbar sind. Weniger Aufmerksamkeit wurde mündlichen Aussagen von Beteiligten oder potenziellen Mitwissern beigemessen. Der einstige PLO-Exponent Farouk Kaddoumi antwortete auf schriftliche Fragen der Arbeitsgruppe mit der stereotypen Antwort: «I don't remember.» Marcel Gyr konnte mit ebendiesem Kaddoumi in Tunis gemeinsam mit einer ortskundigen NZZ-Mitarbeiterin zwei längere Gespräche führen. Es existieren Tonaufnahmen.
Vor dem Hintergrund, dass klandestine Vereinbarungen naturgemäss nicht protokolliert werden, sind Informationen von Zeitzeugen mindestens so nützlich wie Aktenberge. Dass die behördliche Arbeitsgruppe keine mündlichen Anhörungen organisiert hat, ist suboptimal. Unverständlich ist überdies, dass der Autor des Buches «Schweizer Terrorjahre» nicht zum persönlichen Gespräch eingeladen worden ist.
Arbeitsgruppe findet keine Hinweise
11.5.2016, 12:05
Durchaus erwünscht wäre auch gewesen, wenn ehemalige Mitarbeiter des Waadtländer Bundesrats Pierre Graber befragt worden wären, weshalb sie unmittelbar nach der Publikation des Buches eine Gegenkampagne lancierten. Dass sich vom ersten Tag an auch der Leiter der auf diplomatische Dokumente spezialisierten Forschergruppe Dodis, Sacha Zala, darauf festlegte, die These eines heimlichen Vorgehens Pierre Grabers sei wenig glaubhaft, zeugt ebenfalls nicht vom Bemühen um die Suche nach historischer Wahrheit.
Leider hat das dunkle zeitgeschichtliche Kapitel der terroristischen Bedrohung von 1970 nach der Publikation des Buchs allzu schnell eine schrille Kontroverse ausgelöst. Marcel Gyr schrieb in seinem Buch, er wolle einen Beitrag zur Wahrheitsfindung leisten. Von anderer Seite wird ihm unterstellt, seine diversen Quellen hätten ihn auf den Holzweg geführt. Wir halten hier und heute fest: Die Recherchen des NZZ-Reporters sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern profund. Sie schlechtzureden, dient der Sache nicht.
Der Ball liegt nun bei den eidgenössischen Räten. Die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte hatten den Bundesrat im Februar beauftragt, erste Abklärungen vorzunehmen und bis Ende April darüber zu informieren. Ob der in relativer Eile erstellte Bericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe die parlamentarischen Geschäftsprüfer zufriedenstellt? Das Bild, das besagter Bericht zeichnet, kann nicht als der Weisheit letzter Schluss betrachtet werden. Wenn im Parlament trotzdem die Einschätzung überwiegen sollte, dass der historischen Wahrheitsfindung im Zusammenhang mit der Bluttat von Würenlingen Genüge getan sei, so müsste dies als leichtfertig qualifiziert werden.
21. Februar 2016:
Schweiz am Sonntag
"Werde teuer für Entscheide bezahlen"
PLO-Deal: Pierre Graber sah Kritik voraus - von Henry Habegger
Ein Buch sorgt für rote Köpfe. Gemäss "Terrorjahre" von NZZ-Journalist Marcel Gyr schloss der damalige Schweizer Aussenminister Pierre Graber 1970 einen Stillhaltepakt mit der PLO. Einige ehemalige Spitzendiplomaten und Jorunalisten namentlich aus dem NZZ-Konkurrenzhaus TAMEDIA verwenden erstaunlich viel Energie darauf, darzulegen, dass es den Geheimdmeal nicht gegeben hat.
Wer hat recht? Gab es einen Pakt zwischen der Schweiz und der PLO?
Eine Person, die Bundesrat Pierre Graber sehr gut kannte und nicht genannt werden will, sagt gegenüber der "Schweiz am Sonntag": "Er hat mir nie von dieser Sache erzählt. Aber er hat gesagt: Ich habe Entscheide getroffen, die mich noch teuer zu stehen kommen werden, von der einen oder anderen Seite." - Pierre Graber habe vorausgesehen, dass die Historiker sein Handeln später, in 50 Jahren vielleicht, sehr kritisch beurteilen würden.
Die Person, die das sagt, hat grösste Hochachtung vor Pierre Graber und volles Vertrauen in das, was er tat, und die Gründe dafür. "Er war ein ehrlicher, aufrechter Mann, der seine Entscheide sehr bewusst getroffen hat. Er hat das getan, wovon er über^zeugt war, dass er es tun musste. Er war ein Staatsmann." Die Person ist sehr verärgert darüber, dass Pierre Graber kritisiert wird von allen möglichen Leuten für das, was er getan oder nicht getan haben soll.
Sîcher ist, dass Pierre Graber und der Schweizer Bundesrat im September 1970 alles daransetzten, die letzten Schweizer Geiseln freizubekommen, die sich nach der Swissair-Entführung in Zerqa (Jordanien) noch in der Hand der Terroristen befanden. Um die Menschenleben nicht zu gefährten, wollten Graber und Bundesrat um jeden Preis eine Verhandlungslösung. Ein Protokoll (einsehbar unter dodis.ch/35418) vom 21. September zeigt, dass der Bundesrat die Lage damals als unkontrolliert einstufte. Er befürchtete etwa, dass die USA und Israel eine Intervention planten und deshalb "an einer Befreiung der Geiseln kein Interesse" hatten.
Im Geisel-Krisenstab waren neben der Schweiz und den USA Deutschland und England vertreten. Ihnen traute der Bundesrat ebenfalls nicht. Es sei damit zu rechnen, so Graber, dass sie "vor einer Sonderaktion zur Befreiung ihrer Leute nicht zurückschrecken, wenn sie dafür eine erfolgversprechende Möglichkeit sehen". Graber und der Bundesrat mussten sich in dieser Phase also einen Plan B überlegen. Naheliegend, dass die Schweiz auf eigenen Kanälen mit der PLO verhandelte.
Welche Kanäle waren das, was wurde daraus? Sicher ist, dass die letzten Geiseln Tage später freikamen. Der Genfer Alt-Nationalrat Jean Ziegler, der in dieser Phase von Graber angegangen wurde, weil er KOntakte zur PLO hatte, stützt Gyrs These, es sei ein geheimes Stillhalteabkommen abgeschlossen worden. Im Gegenzug habe man der PLO unter anderem ein Informationsbüro in Genf versprochen.
Die Art und Weise, wie dieses Büro dann ab 1971 offiziell aufgegleist und installiert wurde, stützt die Vermutung, dass die Schweiz mit Kreisen verhandelte, mit denen man offiziell nicht verhandelt.
Im Januar 1971 trat der Berner Notar Hans Ellenberger an das EPD heran. Er sprach gemäss Akten im Bundesarchiv im Namen eines Palästinensers vor und "regte an", ein PLO-Büro in Genf zu eröffnen. Ellenberger war Präsident der Schweizerisch-Arabischen Gesellschaft. Aber er galt dort nur als präsentable Fassade, der von umstrittenen Akteuren im Hintergrund vorgeschoben wurde. Hinter der Gesellschaft stand namentlich der schillernde Berner Journalist und Antisemit Ahmed Huber, wie mehrere Zeitzeugen bestätigen.
Huber war ein Freund von Daoud Barakat, der später Leiter des PLO-Büros in Genf wurde. Huber war zudem Zöglich des Lausanner Alt-Nazis Francois Genoud. Eine Person aus dem Umfeld von Ahmed Huber sagt: "Die Schlüssel zu den Palästinensern hatten in der Schweiz damals Genoud und Huber." Graber und die Schweiz wären die Einzigen gewesen, die mit der PLO ein Stillhalteabkommen abgeschlossen hätten. Möglicherweise aber di Ersten.
Sieben Jahre später, 1977, kam es in Wien z Geheimverhandlungen zwischen Deutschland, Österreich und der PLO. Zwei Vertraute von PLO-Chef Yassir Arafat bogen an, "den Terrorismus für die nächsten zehn Jahre stillzulegen". Als einzige Gegenleistung hätten die PLO-Vertreter "eine gewisse Anerkennung" und die politische Unterstützung Arafats verlangt, wie der Historiker Matthias Dahlke im Aufsatz "Das Wischnewski-Protokoll" schreibt.
Auch von Wiender "Verabredungen" gab es keine offiziellen Spuren. Sie sind nur überliefert, weil sich im Nachlass von Hans-Jürgen Wischnewski, einem engen Vertrauten von Bundeskanzler Helmut Schmidt, ein Protokoll des Treffens fand.
Die PLO-Verhandler Ali Hassan Salameh und Issam Sartawi wurden später bei Attentaten durch den israelischen Mossad respektive die palästinensische Abu-Nidal-Grupper getötet. Sartawi war ein guter Bekannter von Jean Ziegler.